25. Jänner 2007
Ich bin mit Sicherheit eine Art
Blaukraut-Junkie. Ohne dieses Zeug, regelmäßig genossen, würde mich das Leben weniger
freuen. Ich beziehe es aus dem Tiefkühlfach. Und frage mich, wie man Jahr für Jahr
Tonnen davon produzieren kann, ohne daß mir je Viecher darinnen untergekommen wären.
Oder liegt es an Farbe und Zubereitungsart, daß zwar gelegentlich Viecher darinnen
vorkommen, jedoch weitgehend unbemerkt bleiben?
Cut!
Ein Momentchen Winter wäre sich also
gestern ausgegangen. Fein! War's das? Ich weiß ja nun wieder, wie es ginge.
Cut!
Gestern bin ich
bei Luther angekommen. Weil ich denke, die Barock-Zeit läßt sich nicht verstehn, ohne
eine Ahnung zu bekommen, was Luther in Europa bewirkt hat. Europa? Allein das Reich der
Habsburger schloß seinerzeit auch Neapel ein. Es umfaßte Spanien. Die "Spanischen
Niederlande", das heutige Belgien. Wie riesig jenes Ungarn war, das sich die
Habsburger einverleibt haben, allerdings um den Preis unaufhörlicher Querelen mit dessen
Adel und einer sehr langen Grenze mit den Osmanen, wie riesig also dieses Ungarn war,
macht einem erst ein Blick in den historischen Atlas deutlich. Die Habsburger beherrschten
einen ganz erheblichen Teil dessen, was wir heute unter Europa verstehn.
Diese Habsburger waren fast ausnahmslos eng
der katholischen Kirche verbunden. Aus heutiger Sicht könnte man es ein Joint Venture
nennen. Sozialgeschichtlich betrachtet hat das ja allerhand Gewicht. Die Amtskirche ist
gewissermaßen die älteste Firma der Welt. Das "Haus Habsburg" (was die
Dynastie, nicht das Territoium meint) war für damalige Verhältnisse definitiv ein Global
Player. Macht- und Wirtschaftsinteressen mußten konsequent gepflegt werden, damit die
Läden florierten. Darin waren sich die Habsburger und die katholische Kirche über weite
Strecken sehr leistungsfähige Partner.
Luther hat diese wirtschaftliche und
politische Allianz herausgefordert. Außerdem hat er mit seiner Übersetzung der Bibel ins
Deutsche das Herrschaftswissen etablierter Kreise und die daraus abgeleiteten Ansprüche
in Frage gestellt. Das war ja zugleich ein Hieb gegen Strukturen, in denen Latein als
universelle Sprache der Gelehrten dazu beitrug, die Ausübung von Türhüterschaft zu
erleichtern. Wer ist drinnen, wer ist draußen? Wer gehört dazu, wer wird nie
dazugehören?
Luther hat also ein bewährtes System der
Machtsicherung aufgebrochen. Einer der Hauptgründe, warum ich gestern gemeint habe, mich
erstaunt, daß er dieses Tun überleben konnte.
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