22. Dezember 2006
Nun hab ich erstmals überhaupt eine
Einladung zum Weihnachtspunsch erhalten, Gelegenheit das Kunsthaus in Weiz kennenzulernen,
in dessen schicker Cafeteria auch Ciabatta-Brot mit allerhand Garnituren aus der
Tiefkühltruhe kommt. Dazu werden Schälchen mit Ketchup und Mayonnaise gereicht, wenig
überzeugende Geschmackszugaben. Egal. Was ich vorfand, ließ mich staunen, da ich
überzeugt war, die Mayonnaise sei aus der Tube gedrückt worden, während ich angenommen
hätte, im Gasthaus würde man aus dem kostengünstigeren Topf schöpfen.
Topf oder Tube. Eine interessante
Deutung aus der Runde lautete: Aus dem Topf in den "Spritzsack", der amtlich
"Dressierbeutel" heißt, damit wäre die gegebene Form möglich gewesen.
Freilich hätte der Mehraufwand an Arbeit den möglich Profit aus der Verwertung der
größeren Einkaufsmenge gelöscht. Also haben wir die Strukturfrage an die Kellnerin
weitergegeben. Ergebnis: Tube.
Ist sowas wichtig? Die Sache liegt so: Das
Geschäft der Ästhetik ist nicht primär "dem Schönen" gewidmet, sondern der
Wahrnehmung. Folgt man ganz salopp den Anregungen aus buddhistischen Kulturen, gilt zwar
nicht unbedingt "alles ist wichtig", aber es gilt: "nichts ist
unwichtig". Worin der Unterschied liegt? Wenn Ihnen das nicht klar ist, sollten Sie
eine Meditation über die Sache in Betracht ziehen.
Die Nähe des Weihnachtsabends kann sich aus
so auswirken. Wie gestern in der Apotheke,
hinter der ich wohne. Wo ich unter wachsendem Prosecco-Einfluß mit einem Fotografen von
unverwüstlicher Zuversicht erörtert habe, warum die Redewendung "die gute
Sache" gestrichen werden müsse. Ich konnte nicht überzeugen.
Um es kurz zusammenzufassen, der Einsatz
"für die gute Sache" ist heute untrennbar mit dem soziologischen Phänomen der
"Charity-Lady" verbunden. Wozu man in aller Kürze sagen könnte: Würden deren
für gewöhnlich gut situierte Ehemänner bei ihren Geschäften auf "steuerschonende
Methoden" weitgehend verzichten, also: ordentlich Steuern zahlen, hätte das
Gemeinwesen wahrscheinlich mehr von jenen Mitteln, die zu beschaffen Charity-Ladies sich
im Lande wichtig machen. So hängt das ja ungefähr zusammen ... Apropos! Der Aufmacher
des in "Standard" von
letztem Mittwoch lautet:
Es war im vergangenen Sommer etwa in der
"Kleinen Zeitung" zu lesen: "Gewinne explodieren, aber Löhne am
Boden". (Siehe Eintrag vom 15. Juni 2006!)
Es erübrigt sich
jeder weitere Kommentar zur abgewählten, noch im Amt befindlichen Regierung. Frohe
Weihnachten, Leute! Cut!
Von Bildhauerin Karin Frank kam eben Weihnachtspost. Was mich erinnert, wie sehenswert
ihre Website ist. Mit all den Arbeiten, die sich gnadenlos jeder Süßlichkeit entziehen.
Cut!
Das Überschriftenschlachtfeld. Die einzelne
Zeile als Dolch. Heute heißt es bei der "APA":
>>Anklage gegen Prostituiertenmörder von
Ipswich<< |
|
Was die Frage aufwirft, wie denn jemand,
der eben erst angeklagt wurde, als Täter dastehen könne. Im Artikel heißt es dann in
sorgsamerer Formulierung:
>>Die britischen Behörden haben Anklage gegen
den mutmaßlichen Prostituiertenmörder von Ipswich erhoben.<<
Dieses "mutmaßlich" ist so
entscheidend darüber, ob man das kulturelle Gut der Unschuldsvermutung hochhält und
damit auch das Prinzip des Rechtes auf ein "ordentliches Verfahren" würdigt. Je
häßlicher eine Sache, desto verlockender scheint es, an diesen Prinzipien zu rütteln.
[kontakt] [reset] [krusche] |