22. Dezember 2006

log855a.jpg (9272 Byte)

Nun hab ich erstmals überhaupt eine Einladung zum Weihnachtspunsch erhalten, Gelegenheit das Kunsthaus in Weiz kennenzulernen, in dessen schicker Cafeteria auch Ciabatta-Brot mit allerhand  Garnituren aus der Tiefkühltruhe kommt. Dazu werden Schälchen mit Ketchup und Mayonnaise gereicht, wenig überzeugende Geschmackszugaben. Egal. Was ich vorfand, ließ mich staunen, da ich überzeugt war, die Mayonnaise sei aus der Tube gedrückt worden, während ich angenommen hätte, im Gasthaus würde man aus dem kostengünstigeren Topf schöpfen.

Topf oder Tube. Eine interessante Deutung aus der Runde lautete: Aus dem Topf in den "Spritzsack", der amtlich "Dressierbeutel" heißt, damit wäre die gegebene Form möglich gewesen. Freilich hätte der Mehraufwand an Arbeit den möglich Profit aus der Verwertung der größeren Einkaufsmenge gelöscht. Also haben wir die Strukturfrage an die Kellnerin weitergegeben. Ergebnis: Tube.

Ist sowas wichtig? Die Sache liegt so: Das Geschäft der Ästhetik ist nicht primär "dem Schönen" gewidmet, sondern der Wahrnehmung. Folgt man ganz salopp den Anregungen aus buddhistischen Kulturen, gilt zwar nicht unbedingt "alles ist wichtig", aber es gilt: "nichts ist unwichtig". Worin der Unterschied liegt? Wenn Ihnen das nicht klar ist, sollten Sie eine Meditation über die Sache in Betracht ziehen.

log855b.jpg (41304 Byte)

Die Nähe des Weihnachtsabends kann sich aus so auswirken. Wie gestern in der Apotheke, hinter der ich wohne. Wo ich unter wachsendem Prosecco-Einfluß mit einem Fotografen von unverwüstlicher Zuversicht erörtert habe, warum die Redewendung "die gute Sache" gestrichen werden müsse. Ich konnte nicht überzeugen.

Um es kurz zusammenzufassen, der Einsatz "für die gute Sache" ist heute untrennbar mit dem soziologischen Phänomen der "Charity-Lady" verbunden. Wozu man in aller Kürze sagen könnte: Würden deren für gewöhnlich gut situierte Ehemänner bei ihren Geschäften auf "steuerschonende Methoden" weitgehend verzichten, also: ordentlich Steuern zahlen, hätte das Gemeinwesen wahrscheinlich mehr von jenen Mitteln, die zu beschaffen Charity-Ladies sich im Lande wichtig machen. So hängt das ja ungefähr zusammen ... Apropos! Der Aufmacher des in "Standard" von letztem Mittwoch lautet:

log855c.jpg (14821 Byte)

Es war  im vergangenen Sommer etwa in der "Kleinen Zeitung" zu lesen: "Gewinne explodieren, aber Löhne am Boden". (Siehe Eintrag vom 15. Juni 2006!)

Es erübrigt sich jeder weitere Kommentar zur abgewählten, noch im Amt befindlichen Regierung. Frohe Weihnachten, Leute!

Cut!

Von Bildhauerin Karin Frank kam eben Weihnachtspost. Was mich erinnert, wie sehenswert ihre Website ist. Mit all den Arbeiten, die sich gnadenlos jeder Süßlichkeit entziehen.

Cut!

Das Überschriftenschlachtfeld. Die einzelne Zeile als Dolch. Heute heißt es bei der "APA":
>>Anklage gegen Prostituiertenmörder von Ipswich<<

log855d.jpg (17034 Byte)

Was die Frage aufwirft, wie denn jemand, der eben erst angeklagt wurde, als Täter dastehen könne. Im Artikel heißt es dann in sorgsamerer Formulierung:
>>Die britischen Behörden haben Anklage gegen den mutmaßlichen Prostituiertenmörder von Ipswich erhoben.<<

Dieses "mutmaßlich" ist so entscheidend darüber, ob man das kulturelle Gut der Unschuldsvermutung hochhält und damit auch das Prinzip des Rechtes auf ein "ordentliches Verfahren" würdigt. Je häßlicher eine Sache, desto verlockender scheint es, an diesen Prinzipien zu rütteln.


[kontakt] [reset] [krusche]

51•06