29. Oktober 2006
Der gestrige Abend hat mir ein besonderes Vergnügen
eingebracht. Mein Mädchen hat mich ausgeführt, denn es ist Wildbret-Zeit. Was uns in ein
Gasthaus brachte, dessen Garage mit einer besonderen Feinheit bestückt ist. Die zweite
Generation des frühen Spiders von Alfa, der "Fastback". (Ein Begriff, der in
Amerika einem Coupé vorbehalten wäre.) Direktimport aus Italien, wie mir die Dame des
Hauses erzählte, denn diese Farbe sei in Österreich nicht zu haben gewesen.
Fügt sich schön an die erste Generation, wovon ich heuer
im Sommer ein Exemplar mitten in
Gleisdorf erwischt hatte. Legendenträchtig. Dustin Hoffman hatte in "Die Reifeprüfung"
diesen Roadster gefahren. Worin Anne Bancroft jene Mrs. Robinson spielte, die von Simon
and Garfunkel besungen worden ist. Kurios, daß gerade mal sechs Jahre Altersunterschied
zwischen ihr und Hoffman als so bemerkenswerte Distanz galten.
Dieser Tage schrieb Übersetzer Michael Roloff mir:
>>Ich bemerke einen gewissen auto fetish bei
dir, martin, also was faehrst du selbst???<<
Demnach hab ich mein Gocart auf
die [flame]-site gewuchtet. Woran man leicht erkennen kann, daß mein Faible für
Automobile sich nicht in meinem eigenen Besitz niederschlägt. Ich vermute, daß ich sogar
als sehr wohlhabender Mann nicht all zu viel Geld in Autos stecken würde. Aber ich hätte
sicher eine leistungsfähigere Kamera, um sie zu jagen ;-)))
Cut!
Apropos besonderes Vergnügen. Das Fest, von dem hier vorgestern die Rede war, ist ein spätherbstliches
Vergnügen gewesen, das Designerin Barbara Baumgartner ihren Gästen bereitet hat. Hier
rechts, mit Kunsthistorikerin Mirjana
Selakov.
Wir befanden uns da im Turmzimmerchen des Hauses, das, in
nobler Distanz zum Weißburgunder, allerhand Schnapssorten gewidmet war. Wobei der
Historiker Robert Hausmann, von dem man oben links bloß eine Spur sieht, so
unvorsichtig war, den exzellenten Birnenschnaps laut zu empfehlen. Man ahnt, wie schnell
die Flasche leer gewesen ist, während sich das Turmzimmerchen mit Menschen gefüllt
hatte.
Hausmann, dessen Zeichensysteme mir noch nicht recht klar
sind, bestätigte mir in einer Plauderei meine Ansichten über die muslimische Kultur.
Daß nämlich einst Muslime nach Eroberungen vorgefundene Kulturen nicht zerstört haben,
sondern erhielten und selbst davon aufgriffen, was ihnen nutzbar erschien. Während unsere
Leute, aufrechte Barbaren vor dem Herrn, in neuen Gebieten gerne vernichteten, was sie
vorfanden.
Hausmanns Domäne ist übrigens die Wirtschafts- und
Sozialgeschichte vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Also jene Zeitspanne, in der Europa
kraftvoll wie wohl nie zuvor auf die ganze Welt eingewirkt und da auch reichlich
geplündert hat.
Zur unmittelbaren Vorgeschichte dieses Festes gehörte ein
großes Aufräumen im genannten Haus, woraus sich ein Berg von Büchern in der Diele
ergeben hatte, aus dem ich mir unlängst nehmen durfte, was mir gefiel. Das sind
Gelegenheiten, von denen ich immer schwer beladen heimgehe. Ich hatte dabei einige Stücke
gefunden, von denen ich dachte, sie könnten Hausmann interessieren, und ihm deren
Überlassung angeboten. Was er mir augenzwinkernd und weise so quittierte:
>>Im Gegenteil, nun weiß ich wo ich einen Abnehmer
von Büchern habe. Sammeln Sie nur recht brav weiter! Auch Sie werden irgendwann einmal an
räumliche Grenzen stoßen und Ihrerseits wieder BücherfreundInnen suchen und hoffentlich
finden. Das ist der Kreislauf, in den wir eingebettet sind.<<
Cut!
Heute Morgen (Winterzeit!) war eine APA-Headline:
"Schüssel warnt SPÖ vor
Eurofighter-U-Ausschuss"
Dieser Untersuchungsausschuß gilt als eines der Hemmnisse
in den laufenden Koalitionsverhandlungen. Wobei wohl daran erinnert werden darf, daß die
besten Geschäfte der Welt also wären: Waffen, Drogen, Prostitution, Sondermüll. Was
noch? Große Bauvorhaben. Na, was dieser Untersuchungsausschuß nun klärern soll, würde
ich ja auch gerne wissen:
>>Der rot-grün-blaue Antrag auf U-Ausschuss in
Sachen Eurofighter ist praktisch fertig. Darin wird Aufklärung über die Vorbereitung der
Beschaffung, die Meinungsbildung der politisch Verantwortlichen, allfällige
wirtschaftliche Interessen sowie über die Höhe der Ausstiegskosten verlangt und eine
Untersuchung eingefordert.<< (Quelle: "APA")
Es ist überaus provokant, wie offensichtlich Kanzler
Schüssel seinem Volk übel nimmt, daß er diese Wahl verloren hat. Das illustriert auch
jener Politiker, der vor einiger Zeit die katholische Religion in die Verfassung
Österreichs hineinreklamiert hat. So als wäre diese Kirche nicht zu tiefst in die
Ereignisse von 1848 verwoben, deren eine Konsequenz der Erste Weltkrieg war, von dem es
nach Auschwitz nur ein kleiner Sprung gewesen ist.
Um es polemisch verkürzt zusammenzufassen: Das
weitreichende Scheitern der alten Eliten an den Anforderungen einer Gegenwart, die ja
keinesfalls so aus dem Blauen, also vom Himmel gefallen war. Aus dem Umfeld dieser alten
Eliten möchte man also, der Gemeinte entstammt übrigens einem Adelsgeschlecht, ganz
gerne in den Sätteln bleiben. Fein. Ist schon recht.
Ich meine Andreas
Khol, einen jener arroganten alten Männer, die in unserer Kultur immer irgendwo zu finden
sind, wenn wieder mal die Ewigkeit auf dem Spiel steht. Khol hat gerade demonstriert, wie man Demokratie auf "gute alte"
christlich- soziale Art versteht. Seine weinerliche Begründung für das eklatante
Abrutschen der ÖVP bei diesen Wahlen grenzt schon an Obszönität. Oder wäre es eher als
staatstragende Heuchelei zu deuten? (Quelle: "Der Standard") |
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