27. September 2006
Paradigmenwechsel. Anders kann man das wohl
nicht nennen. Wenn ich meinen Sohn morgens, vor seinem Gang in die Schule, so vorfinde:
lesend. "Das Parfum" von Patrick Süskind. Korrespondiert mit einer SMS, die
unlängst während der Schulzeit daher kam: "chemie ist cool. was glaubst is, wenn ma
schwefel und zink zammischt und abfackelt?" Interessenslagen im Umbruch ...
Cut!
Ich lese, der Papst würde zurückrudern. Es
sei ihm doch noch aufgefallen, daß die Proponenten monotheistischer Religionen es doch
angemessen fänden, sich nicht auf Teufel komm raus zu konkurrenzieren. Naja. Am 18. September hatte ich notiert: "...
ein Staatsmann, der so dezent unter dem Tisch zusticht und oben ganz verdattert tut."
Inzwischen wurde vom Magazin "focus"
berichtet:
>>Ein Mitarbeiter seiner Kurie hat Benedikt
XVI. offenbar davor gewarnt, die umstrittenen Zitate über den Islam in seine Regensburger
Rede aufzunehmen. Wie FOCUS aus Vatikan-Kreisen erfuhr, gab ein Mitarbeiter "den Rat,
die umstrittene Passage zu streichen". Der Papst habe jedoch "nie ein Geheimnis
daraus gemacht, dass ihn Wahrheit und kritischer Dialog interessieren und nicht so sehr,
was damit ausgelöst wird".<< [Quelle]
Wie sich das Christentum schon während seiner
Entstehung mit aggressiver Herabwürdigung vom Judentum abzugrenzen versuchte, von jener
Religionsgemeinschaft, aus der es hervorgegangen ist, verstand die "älteste Firma
der Welt" stets, sich gegenüber der Konkurrenz im Geschäft der Heilsversprechen
hervorzutun.
Bleiben freilich Fragen, ob man denn den Islam
nicht kritisieren dürfe und wie und wo kritische Diskurse stattfinden könnten ... wie
wir das eben für Nationen auf der Höhe der Zeit gerne voraussetzen. Kritisieren bedeutet
ja im Grunde: prüfen. Im Sinne von Infragestellen, seine Gründe zu nennen und Fakten
vorlegen zu können. Fundiert beurteilen. Unter uns Betschwestern: genau DAS kann ich
nicht finden, wenn einer so zitiert:
"Zeig mir doch, was Mohammed Neues
gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er
vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten."
Das hat ja offensichtlich mit Kritik überhaupt nichts zu
tun, sondern ist bloß eine provokante Demonstration von Definitionsmacht. Es erschließt
sich mir auch nicht, was eine Kritik "des Islam" gewinnen soll, indem man den
Propheten desavouiert. Das Verhalten von Menschen, Kaufleuten oder Hirtennommaden, zu
kritisieren, die vor mehr als einem Jahrtausend gelebt haben, ist ein ziemlich dummes
Unterfangen.
Ich wünschte, es könnte mal da beginnen, daß man nicht
"den Islam" zu kritisieren versucht, sondern auseinanderzuhalten geneigt ist,
daß es erstens ganz verschiedene "Schulen" innerhalb der islamischen Kulturen
gibt und zweitens Ordenswesen, Mystiker und Sekten darin ebenso zu finden sind, wie
politische Formationen, staatstragende Lobbies oder eben das, was uns heute als
terroristische Weltuntergangssekte Angst macht.
Man braucht nicht nur sich, sondern kann auch Muslime mal
fragen, warum sich Sunniten und Schiiten gegenseitig umbringen, seit es sie gibt. Oder
warum Aleviten sich da und dort von beiden dieser Seiten bedroht fühlen. Etc. etc.
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