18. September 2006
Wie absurd noble Distanz zum Geld und schlechter Geschmack
sich paaren können, zeigt der riesige Caddy, den ich gestern
an den Anfang der Page gestellt habe, schon für sich. Es wird aber noch deutlicher, wenn
man zum Kontrast eine zeitgenössische Konstruktion aus Europa dagegen stellt.
Die "Deesse" von Citroen ist sogar älter als der
Cadillac, wurde Mitte der 1950er auf den Markt gebracht. Dieses wunderbar erhaltene
Exemplar, das noch schwarze Nummerntafeln trägt, also sehr lange im ungebrochenen Einsatz
ist, fand ich sonntags in Graz.
Cut!
Apropos schwarz. Kann mir jemand bescheid sagen, was es mit
dieser Sprachregelung "Schwarzafrikaner" auf sich hat? Es war doch
"Schwarzafrika" ursprünglich die Bezeichnung für jenen Teil Afrikas, der
unterhalb der Sahara liegt. Es war eine Bezeichnung mit eher negativer Konnotation. Ist
denn nun, bloß weil es auch weiße Afrikaner gibt, der Begriff
"Schwarzafrikaner" neu eingeführt? Und wer hat ihn eingeführt?
Cut!
Apropos Afrikaner. Wir haben gestern die englischsprachige
Blog-Leiste im "Nil" aufgezogen. Das "Community Center"
von "African Time".
Cut!
>>Papst Benedikt XVI. war am Dienstag während
einer Rede an der Universität Regensburg auf das moslemische Verständnis des Heiligen
Krieges eingegangen und hatte bei dieser Gelegenheit einen christlich-byzantinischen
Kaiser aus dem 14. Jahrhundert mit den Worten zitiert: "Zeig mir doch, was Mohammed
Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er
vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu
verbreiten."<< [Quelle]
Hat er sich entschuldigt? Und falls ja, war es ausreichend?
Der Bischof von Rom. Oder haben die Muslime eigentlich alles falsch verstanden? Nein,
haben sie sicher nicht. Wie sich Schiiten und Sunniten recht bald nach dem Tode des
Propheten zu bekämpfen begannen, sie tun es bis heute da und dort mit großer
Grausamkeit, so hat auch die weströmische Kirche im Wettrennen um gute Positionen unter
den monotheistischen Religionen reichlich Erfahrung, die Konkurrenz im Heuilsgeschäft
anzurempeln.
>>Der Papst hat beim Angelus-Gebet in seiner
Sommerresidenz Castel Gandolfo am Sonntag sein Bedauern über die Reaktionen auf seine
Islam-Rede geäußert. Benedikt XVI. betonte, es habe sich um ein Zitat aus einem
mittelalterlichen Text und nicht um seine persönliche Meinung gehandelt. Seine Rede sei
als Einladung zu einem offen Dialog gedacht gewesen, sagte der Heilige Vater
weiter.<< [Quelle]
Die Ökumene holpert, seit ich weiß, was Ökumene sein
soll. Die Verständigung unter den hohen Würdenträgern der monotheistischen Religionen
kommt nicht voran. (Ähem, räusper, übrigens, wie sehen wir denn das mit der
Orthodoxie?) Und das ist schon ein Weilchen so.
Das eigentliche Malheur der päpstlichen Muskelspiele ist
ja nicht die kritische Debatte unter theologischen Fachkräften. Sondern was an
öffentlicher Debatte entsteht, wenn man es SO macht. Wo eben nicht fein gewogen, sondern
mit grober Kelle verteilt wird. Wo nun die Gräben bedient und erweitert werden. Genau DAS
erreicht ein Staatsmann, der so dezent unter dem Tisch zusticht und oben ganz verdattert
tut.
Es hätte ja der letzte Depp vorhersehen können, was
allein die Erwähnung des umstrittenen Zitats aus dem Mittelalter in der aufgeheizten
Situation bewirkt. (Die Rede des Papstes findet man auf der Website des Vatikans.) Was
hilft die ganze Kontext-Klärung, wenn man wissen müßte, daß Aggressionen und Deutungen
auf einen markanten und provokanten Satz hin wie Lauffeuer losrennen, sich verbreiten,
wobei sich dann kaum jemand die Mühe macht, Quellen zu studieren! (Und überhaupt: Was zu
belegen taugt denn dieses Zitat?)
Entrüstung scheint ein Pflänzchen zu sein, das mit
Hochgeschwindigkeit wächst. Da sind dann gleich allerhand katholische Wichtigtuer auf dem
Set, um noch eins draufzulegen:
>>Für Salzburgs Bischof Laun muss der Islam
noch "zuhören lernen".<< [Quelle]
Bravo! Sehr smart, sehr professionell. Ich möchte es jetzt
nicht Scheinheiligkeit nennen, sondern einfach mal: Strategie. Und ich bedanke mich
herzlich bei den geweihten Herzchen, daß sie um einer theologischen Erörterung Willen
das Feuer der Differenz weiter angefacht haben. Daß sie uns einem neuen Kalten Krieg
entgegenstoßen, der jenen des 20. Jahrhunderts darin übertrifft, daß er heiße Ränder
und Enklaven hat, an denen christliche Soldaten auf islamischem Boden sehr aktiv sind.
Diese alten Deppen auf der Strecke zwischen Heiligem Stuhl
und Weißem Haus, denen die Welt offenbar ein Spielball ist, können einen zur
Verzweiflung bringen. Es wäre ja von solchen Dingen zu reden:
Das sind Bilder die ich aus Istanbul mitgebracht habe. Wenn
man genauer hinsieht, kommen einem die Tränen. Und DAS ist das eigentliche Ereignis, dem
man mit keinem Gerede beikommt:
DAS steht zur Zeit zur Debatte. Im Sinne von: Wir werden
allen Grips zusammennehmen müssen, um angesichts solcher Bilder mal von den Emotionen
runterkommen zu können und zu lösungsorientierten Modi zu finden. Was will ein
Moraltheologe dem Islam zurufen, wenn einem dabei solche islamische Babies entgegen
gestreckt werden? Da geht sich was nicht aus ...
[Wir
Kinder des Kalten Krieges]
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