11. Juli 2006 Ja. Da wäre
nun ein neuer Fußballweltmeister. Und?
Cut!
Es gab gestern ein weiteres Arbeitstreffen im "forum
stadtpark". Zum "Unerwarteten Besuch" in Linz, bei dem mindestens erahnt werden
konnte, daß die Versöhnlichkeit zwischen Kunstfeld und dem zivilem Kriegsgeschäft
Fußball ganz gut vorankommt. Was mindestens die letzten zehn Jahre recht deutlich
erscheint.
Es hat ja unlängst eine steirische Autorin sogar ein Buch
zu schreiben erwogen, das "über Fußball handelt". Da finde ich mich nun auf
der Seite der Kleinlichkeit wieder. Denn ich will nicht glauben, daß ein Buch
"über" etwas handeln könnte.
Keine Tribüne. Ein Zufallsfoto von meinem Arbeitsplatz.
Welcher der Gegenposition zu all den Aufraffungen gewidmet ist, die mir so sehr aus den
Quellen des Nationalismus geschöpft erscheinen. Es ist mir ja klar, daß jede
Gemeinschaft allerhand finden muß, mit dem sich ein "Wir" erhalten läßt. Das
Gemeinsame verlangt nach Gelegenheiten und Ausdruck. Graphic Novellist Jörg Vogeltanz mailte mir:
>>bedenklich ... wie nun flächendeckend auf allen
tv-sendern der neue "positive patriotismus" der deutschen anlässlich der WM
gefeiert wird...<<
Genau! Bedenklich.
Von Kunsthistorikerin Mirjana Selakov erfuhr ich
gestern, daß der Veranstalter aus Montenegro angerufen habe. Wo wir demnächst eine Station
absolvieren werden. Er sei bereit, ihren (in Serbisch vorbereiteten) Vortrag über die
Ökologie des Blickes sprachlich zu adaptieren. Dahingehend, daß da kleine Details
geebnet sein wollen. Das "eka / ijka"-Detail zum Beispiel. Sagt man in Serbien
Reka (Fluß), heißt es in Montenegro Rijeka. "Ich kann das nicht", meinte
Selakov. "Das wäre so, als würdest du versuchen Tirolerisch zu reden." Sie hat
angeboten, den Vortrag englisch zu halten. (Siehe dazu auch den Eintrag vom 3. Juni 2005 über "Dete
und Deca"!)
Es ist also keineswegs gar so entspannt hergegangen. Bei
dieser Trennung von Serbien und Montenegro. Und es ist eben doch so, daß Nationswerdung
in Europa noch recht nach Zutaten des Nationalismus im 20. Jahrhundert angelegt ist.
Ich hatte unlängst ein Plauderstündchen mit Irena Lagator
Pejovic gehabt. Einer Künstlerin aus Montenegro. Mich interessierte ihre Ansicht, wie
diese Trennung geklappt habe, ohne daß es zu erheblichen Heftigkeiten gekommen sei.
Sie nannte das eigenständige monetäre System, das Land
hat schon eine Weile den Euro informell als Hauptwährung. Die von Serbien völlig
unabhängige Wirtschaft. Das nationale Selbstbewußtsein, denn man sei schließlich einst
Königreich und eigenständiger Staat gewesen. Sowie die Beratung durch Putin und Solana,
durch die man sich mit dieser Loslösung von Serbien Zeit gelassen habe.
[Balkan-Reflex]
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