21. Juni 2006 Da
ich kein wohlhabender Mann bin, da meine Geschäfte von sehr unterschiedlicher Blüte
sind, habe ich quer durchs Jahr eine Anzahl von anregenden Gesprächen mit meinem
Sachbearbeiter bei der Bank. Das sind nicht bloß Gespräche ums Geld, sondern auch um
allerhand Lebensbelange. Wobei ich immer wieder Kuriositäten erfahre.
Zum Beispiel, daß der Mann gelegentlich
Anrufe tätigen muß, die von gewisser Peinlichkeit bestimmt sind. Weil immer wieder, aus
sehr verschiedenen Anlässen, Geld an Bankomaten zurückbleibt. Manche Menschen geben das
Geld ab. Andere stecken es ein. Nicht bedenkend, daß die Überwachungssysteme einer Bank
das sehr genau festhalten. Was vor allem in einer Kleinstadt bedeutet, man ist dem
zuständigen Sachbearbeiter mitunter ein bekanntes Gesichtchen. Da wird dann diskret
telefoniert ...
Cut!
Darf ich den Begriff "Armenbibel"
als geläufig voraussetzen? Das war quasi die Vorläuferschaft der "Yellow
Press", lange bevor es Zeitschriften gab. Boulevardkram. Drastische, bildgestütze
Medienformen, die den Menschen die Welt (und das Jenseits) erklärten, als deren Großteil
noch analphabetisch gewesen ist. Dieses Metier boomt offenbar wieder.
Wußten Sie, daß das balinesische "Umbul
Umbul" ungefähr "Schwanz des Drachen" bedeutet? Ich wußte es nicht, lese
derlei sehr gerne, weil es mich zum Staunen bringt. Wie mag diese Sprache funktionieren,
wenn das so zu einander steht? "Umbul Umbul" meint übrigens schlanke,
dreieckige Fahnen, die, so lese ich, angewandt werden, "um Chi anzuziehen". Doch
gefällt mir daran vor allem der phonetische Aspekt.
Ich befinde derart ja oft über Worte,
Wörter, Sprachregelungen. Auf ganz irrationale Art weiß ich dann: sehr schön! Oder:
geht nicht! Ein Beispiel für "geht nicht" wäre jenes "Sohnemann",
das ich gestern in einem Textstück von Monika
Wogrolly gesehen hab. Das mag furchtbar unangemessen klingen, aber ich neige dazu, die
Kompetenz einer schreibenden Person in Zweifel zu ziehen, wenn sie keine Bedenken hat, so
ein Wort zu verwenden. Noch dazu, wenn es sich um die Mutter handelt.
"Sohnemann" ist ... Schluß damit!
Ich habe ein besonderes Faible für Kataloge.
Diese kleinen Sehnsuchtsmaschinen, Assemblagen des Verfügbaren, handliche Bühnen für
Traumreisen, vor allem aber Quellen von erstaunlichem Realitätszubehör.
Was noch vor Jahrzehnten als
"Esoterikwelle" eine Art Hort von Speziallwissen, besser: Spezialglauben gewesen
ist, hat es längst zu Ramschläden gebracht, die an Plätzen bestehen, wo andere
Unternehmungen verblassen.
Dieser Tage kam mir ein stattlicher Katalog
ins Haus, der ahnen läßt, wie gut dieses Geschäft geht. Ab nun wohl auch für einen
regionalen Anbieter. Wobei mich vor allem die Kenntnis von der Existenz eines "Eau de
Mimosa" entzückt hat. Was also entweder ein Wässerchen für Mimosen sein mag. Oder
ein Destillat aus solchen Pflänzchen. Das Besondere daran ist freilich die Anwendung
dieses Wässerchens:
Das hat etwas so Rührendes, wie ein Gedicht
des liebenswerten Peter Köck, der alkoholkrank war und auf irritierende Art in Wasser
ertrunken ist. Er hatte mir Manuskriptblätter überlassen, die ich wieder einmal unter
meinen Papierhalden suchen muß. Die einen Text enthalten, der ungefähr so betitelt ist:
"Ohrenschützer gegen den Tod".
Cut!
Ich fand in einer alten Ausgabe des "profil" ein bemerkenswertes
Interview mit dem 90-jährigen Bernard Lewis, der als Autorität in der Kenntnis
islamischer Kulturen gilt. Woraus man einmal mehr erfährt, daß es "den Islam"
nicht gibt. Bei uns gilt ja schon als Koryphäe, wer weiß, daß man mindestens Sunniten
und Schiiten unterscheiden darf. Die Aleviten, wie ich sie etwa an meinem bevorzugten
Kebab-Stand treffe, kommen da gar nicht erst vor ...
Was uns solche Unruhe zu bereiten vermag,
diese Vorstellung repressiver Diktatoren im Zeichen Allahs, weist Lewis als ein
"Exportgut" Europas aus. Das in der Historie islamischer Kulturen fremd sei. Ein
vor allem Effekt der "zweiten Modernisierungsphase", die man, so seine Ansicht,
sehr genau datieren könne. 1940 habe das (profaschistische) Vichy-Regime Frankreichs
einen Separatfrieden mit den Achsenmächten unterzeichnet. Worauf Deutschland in der
islamischen Welt aufmarschiert sei. Syrien als Zentrum der Nazi-Propaganda, die in der
Region ein enormes Echo gefunden habe. Nach 1945 habe Rußland die Nazi dort abgelöst:
[Der
Balkan-Reflex]
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