11. Juni 2006
Man muß kein Enthusiast sein, denke ich, um
an diesem Fund die Kuriosität zu erahnen. Das Motiv funktioniert ja für sich. Meinem
ständigen "Bildhunger" in den Rachen geworfen. Über 30 Jahre haben an diesem
Eisen genagt. Diese Moto Guzzi "Falcone" fand ich an der Wand einer
Feuerwehrstation in Graz. (Rarer Einzylinder in der Zweizylinder-Dominanz von Guzzi.)
Bild. Hunger. Das kann sich auch ganz anders
in einander einlösen. Wie hier, in einem japanischen Lokal, wo denn die Köche ihre
Mittagspause absolvierten:
Und doch ist mir in all dem das Sprachliche
quasi das "Basislager". Text ist die Landschaft mit ihren "Landkarten der
Bedeutungen". Ob "Kleingedrucktes", ob einzelne Worte, die für sich, wie
Monumente, einen langen Schatten werfen können, ob Dialogsequenzen ...
Wendungen. Sprachregelungen. Kuriose
Wortfetzen. All das fesselt meine Aufmerksamkeit. Ich hatte mit den SPLITTERWERKers
eine interessante Debatte darüber, warum sie es nicht schätzen, daß ihr Werk
textgestützten Beschreibungen ausgesetzt wird. Sie mißtrauen solchen Transformationen
der Anschauung. (Anschauen, Anschauung, das meint sowohl der Akt des Schauens als auch die
nach der Reflexion formulierte Ansicht.)
Im Kontrast dazu, unser abendländischer
Gründungsmythos legt Prämissen vor: Im Anfang war das Wort. (Johannes
1,1 / Neues Testament) Was sich "nach außen" in einer gewissermaßen
architektonischen Situation äußert: Es werde Licht!" (Genesis 1,1 / Altes
Testament)
Der mythische Gründungsmoment IST
Anschauung und FÜHRT zur Anschauung. (Denn was gäbe es für uns, die wir ohne die
Talente zum Beispiel von Fledermäusen sind, ohne Licht zu sehen?) Anschauung, Raum,
Formalisierung! Man ahnt, was wir angerührt haben, als ich im Wiener Künstlerhaus mit
Edith Hemmrich folgendes Set sichtbar gemacht habe:
Gründungsmythen. Architektur.
Sprachregelungen. Die Radikalen Konstruktivisten sagen: Das Gehirn
bildet nicht ab! Was meint: Wir sehen nicht was draußen ist, sondern
DEUTEN die Signale, die uns unsere Sinne (aus der leiblichen Begegnung mit der Welt)
"nach innen" vermitteln.
Das bedeutet:
Draußen ist die Welt, ist das Licht. Drinnen sind die Deutung und
das Wort. Wie man es auch dreht, am Wort (und seiner Familie, dem Text) führen sehr viele
Wege nicht vorbei.
Das, halten zu Gnaden, war nun keine
schlampig geschraubte Formulierung: führen sehr viele Wege nicht vorbei,
sondern Ausdruck der Mühe um eine möglichst präzise Aussage darüber, was gemeint ist:
An manchem führen sehr viele Wege nicht vorbei!
Klar scheint: an diesen Momenten in Wien,
wie ich sie gestern ja skizziert habe, hat sich
einiges entzunden, das uns Arbeit bereiten wird ...
Draußen. Da war eben Kunsthistorikerin Mirjana Peitler zu sehen. In
einer für sie nicht gerade untypischen Pose. (Übrigens in sichtbarer Nähe zu einem
durchaus legendenträchtigen Rekord C aus dem Hause Opel.) Anschauung. Begrifflichkeit.
Das Bearbeiten von Relationen. So ein Stück der Hauptarbeit auf dem Feld der
Kunstgeschichte. Deutungsgeschäft. Von der Welt zum Wort und wieder zurück ...
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