14. März 2006 In letzter
Zeit habe ich meine Notizen darüber fortgeführt, was denn dazu führe, um ein Werk als
Kunstwerk auszuweisen. Folgt man landläufigen Debatten zum Thema, findet man oft kuriosen
Widerstand gegenüber den Marktaspekten des Kunstbetriebes.
"Wahre Kunst" und Geld? Huh! Daß
Angebot und Nachfrage dabei die grundlegenden Rollen spielen, der Warencharakter von
Kunstwerken ins Blickfeld gerückt wird, kommt oft gerade jenen Menschen störend vor,
deren Einkommen ihnen ohnehin nicht erlaubt, in diesen Bereichen des Marktes Einkäufe zu
tätigen. Hans Peter von Transsylvanien hat mir
("Viele Grüße aus dem immer noch winterlichen München ..."), ein
interessantes Beispiel von einem anderen Feld übermittelt, wobei noch viel markanter
sichtbar werden mag, wie Marktaspekte, Sammelleidenschaft und andere, schwerer greifbare
Motive zu enormen Preisentwicklungen führen können.
Über zehntausend Euro für eine Flasche Wein lassen einen
ahnen, daß die Welt ein wenig komplexer angelegt ist als ein Gang in den nächsten
Supermarkt.
"Gestern bei der Jubiläumsauktion im Kloster
Eberbach für 10.300 Euro (exkl. MwSt. & Provision) versteigert: Eine Flasche
Steinberger Riesling Trockenbeerenauslese 1920, Hessische Staatsweingüter Kloster
Eberbach ..." [Quelle] |
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Cut!
Nachdem ich gestern
von einen alten Miura geschwärmt habe, hier nun das Gegenkonzept zum Legendenhaften in
der Automobilecke. Bernhard Krisper schrieb mir:
"mich locken jaguare, aston martins oder was es auch
immer an autos gibt, die für mich entweder in die kategorie "protzkarre" oder
"sportwagen" fallen, hinter keinem ofen hervor."
Seine Konsequenz daraus hat er visualisiert:
"wurde dann halt eine mixtur aus vw derby (rumpf),
renault 12 (heck) und kadett c II (schnauze)...--> was ich nicht haben kann, zeichne
ich mir."
Cut!
Der Tod eines Tyrannen scheint seit jeher etwas zu sein,
was große Emotionen auslöst. Slobodan Milosevic ist diesem Europa nun abhanden gekommen.
Das wird uns noch leid tun, möchte ich ironisch anmerken. Denn dieses Europa hat Bedarf
an monströsen Führerfiguren. Daran sind wir gar so sehr gewöhnt. Nicht für die
"Phase der Conquista", an der man gewöhnlich vor allem leidet. Sie sind uns
HINTERHER so nützlich.
Wir haben uns sehr mit Vorstellungen von einem Regime
eingerichtet, das auf dem angeblichen Weg zu einem "Großserbien" alle Bilder
füllt, die wir an unserer eigenen Geschichte (im Zusammenhang mit dem Phantasma
"Großdeutschland") lieber unter dem Teppich wissen.
Weshalb uns wohl auch aus dem Blickfeld gerutscht ist, was
sachkundige westliche Kommentatoren längst betont haben: Während etwa der Kroate Franjo
Tudjman als glühender Nationalist gewirkt hat, war Milosevic vor allem rücksichtsloser
Machtmensch. Dessen Entscheidungen ein Hauptmotiv hatten: Sich selbst die Macht und seiner
Kamarilla die gewonnenen Vorteile zu erhalten.
Das relativiert keineswegs das Ausmaß von Verbrechen,
deren Schuldige und deren Verantwortliche die Gerichte dingfest zu machen haben. Aber
neben etwa den Greueltaten der serbischen Soldateska wäre da ja auch noch zu bemerken,
daß dieses Milosevic-Regime das serbische Volk konsequent ausgeplündert hat. Das legen
Wirtschaftsdaten und andere Beschreibungen nahe, wie sie etwa unser
"Bundesministerium für Landesverteidigung" zur Verfügung stellt: [LINK]
Es wird auch noch zu klären sein, welche Interessen
westliche Nationen hatten, die verschiedenen Krisen, Grundlagen des Sezessionskrieges,
eher zu forcieren als zu deeskalieren. Und dieses Serbien unter Milosevic darin zu
bestärken, seine Perspektiven und seine Selbstachtung zu verspielen, im Blut vieler
hilfloser Menschen zu ertränken.
Auch hier ist zu betonen, daß MitSCHULD und
MitVERANTWORTUNG zwei verschiedene Kategorien sind. (Während Schuld von Gerichten
festgestellt wird, hat man es mit Verantwortung wesentlich leichter ... sie gegebenenfalls
abzuschütteln.)
Aspekte, die etwa der Autor Peter Handke herauszuarbeiten bemüht war. Wofür er sich nun weit
über ein Jahrzehnt lang enorme Anfeindungen gefallen lassen mußte. Anderen
Intellektuellen von Rang, wie etwa Noam
Chomsky, ist ebenfalls aufgefallen, daß es in diesem Sezessionskrieg zu teilweise
irritierenden Interventionen westlicher Institutionen gekommen war.
Seit die Osmanen sich nach dem Ersten Balkankrieg (1912)
vom Balkan zurückziehen mußte, hat "der Westen" in dieser Region eigennützige
Interventionen unterschiedlichen Ausmaßes gepflegt. Daß in der jüngeren Vergangenheit
ein egomanischer Machtmensch wie Milosevic dabei wesentlich nützlicher war als es ein
besonnener Staatsmann in demokratischer Orientierung gewesen wäre, wird uns noch um die
Ohren fliegen.
[Balkan-Reflex]
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