6. Jänner 2006

Ich hab ein Faible für kuriose Worte und Wortensembles. Dabei zeigt sich auf oft überraschende Art: da kommt was zum Klingen, keine Ahnung, wie das funktioniert. Ein Beispiel. Ich sehe, daß Traktoren Firmennamen tragen, die man aus dem Alltag nicht kennt. Außer man ist dem Ackerbau irgendwie mit Liebhaberei verbunden:

Allgaier, Bautz, Deutz, Hatz, Hammel, Landini ...

Das ist allein schon phonetisch eine sehr schöne Sache. Oder. Schimpfwörter. Mein Dämon Vogeltanz hat mir eine kleine Auswahl zugesandt. Ich zitiere:

Arschküken, Flusenlutscher, Gesichtsgulasch, Kartoffelbirne, Suppensepp, Warnblinker ..

Es ist wohl auch die Akkumulation, die mich fasziniert. Aber wenn man sich näher darauf einläßt, spürt man den Reiz auf, der hinter Sprachschöpfungen steckt, die noch nicht kanonisiert sind, also im Duden nachzuschlagen.

Cut!

Wir werden für unsere Arbeit gelegentlich gescholten. Obwohl die Posteingänge diesbezüglich recht spärlich bleiben. Aus aktuellem Anlaß hab ich nun begonnen, diese Zuschreibungen etwas aufzuarbeiten.

So gibt es nun bei uns mit "PUNCH" wachsend "eine kleine enzyklopädie der beschimpfungen". Die momentanen Erfahrungen mit menschlicher Erregung bestätigen mich übrigens in meiner Präferenz, keine offenen Foren zu führen, wie sie bei "Blogs" üblich sind. Denn gerade bei heißen Themenstellungen sind diese Feedback-Möglichkeiten meist bloß eine Wand, gegen die vorzugsweise anonyme Akteure ihre ganz privaten Befindlichkeiten spielen.

Interessante Diskursbeiträge erhält man daraus kaum. Es wird vor allem geflamed und gerotzt. Was aber vielleicht als genuiner Bestandteil der Internet-Kultur verstanden sein will. Das wäre ja nicht auszuschließen. Aber das lohnt für mich eben den Aufwand nicht.

Cut!

Die Kontroversen rund um jene als "Porno-Plakate" desavouierten Arbeiten des Spaniers Aires und der Serbin Ostojic verschaffen mir / uns interessante Erfahrungen, wie Politik und Quotengeschäft angelegt sind. Übrigens! HIER ist nun ein Statement von Tanja Ostojic zur Sache verfügbar.

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[Tanja Ostojic und Politologin Monika Mokre]

Zu den oben erwähnten offenen Foren, den Flames und Anschüttungen: In einem überschaubaren Zeitraum hat die Ostojic-Website über 8.000 Besuche erhalten. Während auf anderen Websites jeder Beitrag zum Thema verschieden lange Reihen von Feedbacks erhalten hat, wäre es hier nötig gewesen, eine Email abzuschicken, um Ansichten mitzuteilen. Es gab aus der Reihe der über 8.000 Besuchenden bei uns gerade mal VIER (!) Mail-Eingänge. [DOKU]

Man darf aus diesen und anderen Erfahrungen schließen, daß Leute recht gerne saftig zuschlagen, solange sie weitgehend anonym bleiben können. Konkret Stellung zu beziehen, womöglich auch Gründe und Kriterien der eigenen Ansichten zu nennen, das hat sich bisher eher nicht durchgesetzt.

Apropos Kriterien. Ich habe beim launigen Carlos Katrastofsky nachgefragt, was es mit seinem schönen "Kunstmeßwerkzeug" auf sich hat ... "bewertbar sind solche sachen mit dem gerät im anhang. entstanden nach einer diskussion mit mathieu & molicnik (hi!) werd ich mal ein paar verschiedene davon produzieren... es gibt ja soviel zu messen..."

Siehe Eintrag von gestern! Dazu kam dann noch seine Anmerkung:

"unter einem goldbarren in form eines gombrichs geht garnichts"

Während man bei der Rezeption von Kunstwerken nicht zwingend auf elaborierte Kriterien angewiesen ist, verlangen Kontroversen wie die laufende freilich mehr als rein geschmäcklerische Vorstellungen.

Besonders interessant finde ich den Umstand, wie bedenkenlos viele Medienleute und Polit-Profis gerade mit dem Bild "meine Steuern / unsere Steuern" spielen. Womit sie ganz klar demokratische Strukturen zu suspendieren versuchen. Denn in jenem Augenblick, wo man "seine Steuern" abgeliefert hat, sind sie nun mal nicht mehr "meine Steuern / unsere Steuern", sondern etwas völlig anders. Wäre offenbar zu klären, ob man die Strukturen eines so wohlhabenden Landes lieber anders finanzieren würde. Und welches Modell dafür in Frage käme.

Wäre auch noch darüber zu reden, warum so leichtfertig die Vorstellung forciert wird, bei Kunstwerken, die Widerstand erzeugen, sollten "meine Steuern / unsere Steuern" von jemandem an jemanden ZURÜCKBEZAHLT werden. Sollen dabei auch die Presseförderung, die Gehälter von Polizisten und Lehrerinnen und und und zur Disposition stehen?

Es kursieren höchst irritierende Ansichten, denen von diversen Opinion Leaders erheblich Vorschub geleistet wird. Ausreichende Einwände vom Kunstfeld fehlen mir dazu bisher. Denn da wären ja die Bedingungen unserer Profession dringend zu verhandeln ...

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