16. Dezember 2005
Mein Weg über die Felder. Was ist bei dieser
Party bloß schiefgegangen? So entstand jedenfalls ein sehr schöne Ensemble bei den
Glascontainern unterhalb des Bahnhofes. Und auf der abgelegenen Stellfläche eines
Autoschnalzers steht dieser monströse Lincoln Mark VII, an dem vor allem erstaunt, daß
man hinten so einen Knubbel designen mußte, um in diesem großen Schrank das Reserverad
unterzubringen.
Außerdem sieht man hier, was in Amerika
als "Sportcoupé" durchgeht. Das ist ja, bezogen auf kulturelle Fragen, recht
aufschlußreich. (Schon klar, daß die Regierung dort mit dem Kyoto-Protokoll nicht auf
Kurs kommt.)
Cut!
Geradezu herzzerreißend fand ich diesmal
den strammen Brigadier Puntigam, der sich für die Weihnachtsausgabe des "Süd-Ost Journals" das
Thema "Vaterlandliebe" vornahm.
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Hat der gute Mann in
seinem "Winzerhaus" zu lange unter dem großen Faß gelegen? Zwei "Globalkriege". Nun ja. Die "doppelte Niederlage
1933/45", wie sie im KOMPLETTEN TEXT
auftaucht, brachte mich ins Grübeln.
Also, zuerst die "Niederlage" des
klerikal-faschistischen Österreichs, dann die "Niederlage" der Nazi-Horden?
Gut. Soweit also ein ranghoher Offizier unseres Bundesheeres.
Doch die "zwei Globalkriege", der angebliche
"Habsburgerwahn", die "Niederlagen" von 1933 und 45 ... dann im ganzen
Text kein Wort über das Nazi-Regime.
Jaaaa, DAS ist eben meine Operetten-Republik. |
Was der
Brigadier in seiner Kolumne sonst noch so schwurbelt, ist formal und inhaltlich durchaus
herausfordernd. Zum Stichwort "Habsburgerwahn" komme ich nicht recht
weiter. (Selbst Google reagiert darauf bloß mit dem Vorschlag "Habsburger
Wappen".)
Freilich gab es in der Herrscherfamilie
allerhand durchlauchte Nieten. Manche der Sippe waren mit körperlichen wie seelischen
Bürden geschlagen. (Auch die Syphilis wurde damals nicht gerade als Empfehlung
betrachtet.) Doch will mir nicht einfallen, wer im Hause Habsburg mit einem pathologischen
Zustand geschlagen und zugleich mit einem Zugang zu Staatsgeschäften ausgestattet gewesen
wäre.
Nein, sowas zuzulassen, das wäre dem Kaiser
Franz Joseph nicht in den Sinn gekommen. Der war ja sogar froh, daß man ihm in Sarajevo
den Franz Ferdinand aus der Thronfolge geschossen hatte, weil er dessen Vorstellungen von
Politik nicht billigte. "Habsburgerwahn"? Ich kommt nicht drauf, was der Herr
Brigadier da meint.
Während unter den Nazi-Zelebritäten doch
mehr als ein Fall für ärztlichen Beistand Weltpolitik machen durfte. Da wäre das
Wahnhafte selbst von Laien vermutlich hier und da treffsicher zuschreibbar gewesen. (Es
hieß nicht umsont: "Heil Hitler!" "Heil Du ihn doch!") Doch die
ganzen Nazi-Verbrecher spart der Herr Brigadier aus. Ja, man kommt ins Grübeln.
Was war denn mit den Habsburgern? Diese
Dynastie, wie die der Osmanen (Türkei) und die der Romanows (Rußland), hatte erhebliche
Probleme, in der Gegenwart des 19. Jahrhunderts anzukommen. Vielvölkerreiche sollten aus
der agrarischen Welt in die Industriemoderne gelangen. Ohne dauernd irgendwelche Nachbarn
zu überfallen. Schwierig!
Die Konsequenzen waren für Europa radikal.
Das Osmanische Reich mußte sich schon vor der Jahrhundertwende vom Balkan zurückziehen.
Was in ganz Europa Begehrlichkeiten auslöste. Um sich auf diesem Territorium gut in
Stellung zu bringen.
K. u. k. Österreich hatte bis dahin im
Verteilen und Ausrauben der "Neuen Welt", im Kolonialismus der seetüchtigen
Nationen, keine Rolle gespielt. Die Habsburger gingen also daran, den Balkan zu
kolonisieren. Was allerdings mit den vielfältigen Interessen anderer Regierungen
kollidierte.
Deutschlands Hohenzollern bauten derweil in
nur wenigen Jahren eine geradezu haarsträubend große Tonnage an Kriegsschiffen, wobei
man kaum übersehen konnte, das sollte gegen England gehen und die Deutschen in der
Kolonialisierung der Welt voranbringen.
Das sind alles keinerlei Wahnkonzepte gewesen,
sondern ganz schlichte Ambitionen zum Landraub, wie er der Tradition von Feudalherrn
durchaus entsprach.
[Wir
Kinder des Kalten Krieges]
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