9. Dezember 2005 Was nun gestern beim Aufbau des NCC05 anfangs nach diversen
Rändern eines Nervenzusammenbruches geklungen hatte, waren doch bloß Interferenzen in
komplexen Kommunikationsmomenten. Am folgenden Morgen: Jogi Hofmüller, Chef-Techniker von
mur.at, wußte die diversen Kabellagen
und ungezählte Stecker in genau das Verhältnis zu bringen, das den virtuellen Teil
unserer Installation in Gang setzte. Wonach er sich auch noch zum Probeliegen in der
Bettenvisualisierung zur Verfügung stellte. Unserem Thema folgend: "Der Leib geht in
die Projektion ein".
Das Bett ist eine Arbeit von Jörg Vogeltanz, der als mein Dämon
immer wieder zu "Randkreationen" neigt, wenn sich in einer Veranstaltung Momente
auftun, während derer unsere Aufmerksamkeit in sich zusammensackt.
In so einem Moment hat er mir meinen Saftbecher dekoriert
und somit das Recycling-Gebinde auf eine Art aufgewertet, daß ich dieses Stück meinem
Familienbesitz als Zugewinn einverleiben kann:
Was mag denn da gemeint sein? Momente in denen unsere
Aufmerksamkeit in sich zusammensackt. Ich gebe ein Beispiel aus den NCC-Chroniken:
"Zwischenmeldung (Zuletzt verändert: 08.12.2005
00:23): Im Anschluss an den Film von Lutz Dammbeck entbrennt nun eine Diskussion im
kleinen Kreis darüber, ob KünstlerInnen schon je was Gutes getan haben. Sie wird
allerdings nicht sehr weit fortgeführt... denn die erste Acht-Stunden-Schicht nähert
sich ihrem Ende (in einer Stunde oder so)."
Sehen Sie, wenn Diskurse der Szene sich in solche
Peinlichkeiten verirren, kriegen wir, mein Dämon und ich, aus dem Stand eine Krise, die
wir dann sofort schöpferisch umsetzen. Schwank beiseite! Derlei Gestammel ist zum Glück
nur Hintergrundrauschen aus den Herzen von Leuten, die gerne in der Kunst geborgen wären,
aber nicht recht wissen, was sie da sollen. Man muß an diesem Rauschen auch nicht hängen
bleiben. Es gab ja lohnende Bezugspunkte.
Wenn man etwa an Leute wie Klaus Nicolai (CYNETart, Dresden) oder
den Grazer Philosophen Erwin Fiala gerät, dann geht's satt in Themen und Diskurse, ohne die
und die daher kommenden Kontraste ich das Gefühl hätte, mir wäre ein Fuß angenagelt,
wodurch man, höchst angestrengt, doch bloß im Kreis rennen und tiefe Furchen ziehen
würde. (Auf dem Foto: Links Nicolai, rechts Fiala.)
In beider Männer Vorträge war übrigens die leibliche
Anwesenheit als ein Aspekt von zentraler Bedeutung herausgestellt. Fiala betonte außerdem
unmißverständlich: "Reflexion braucht Zeit." Man ahnt, genau die wollte dann
nicht frei werden, um einem straffen Programmplan seine Vollständigkeit zu sichern. Was
meint, da fiel ein Vortragender krankheitsbedingt aus, aber wir konnten die dadurch
gewonnene Zeit nicht dafür nutzen, um das eben gehörte zu erörtern. Weil, selbst gegen
geäußerte Einwände, ein Text des Abwesenden verlesen werden mußte.
Den man sich ja ebenso zur Lektüre später hätte vom
Server laden können. Dieses Bestehen auf dem Verlesen "on location" ist
verdächtig nahe an den "alten" Broadcasting-Prinzipien und bei einen
Netzkunstkongress höchst irritierend. Aber vielleicht illustriert es auch die "Magie
des Settings" und die Frage nach dem Herstellen von Dignität.
Diese Frage haben wir in der Branche ebenso wenig vom Tisch
wie die Fragen nach dem Zertifikat von Quellen. Es ist also zwar ohnehin ein Akt der
Selbstermächtigung, sich zu einem kritischen Geist aufzuraffen, aber in der Credit-List
von Kongressen aufzutauchen und bei solchen Meetings verlesen zu werden scheint selbst in
der Netzkulturszene unverzichtbar zu sein. Woraus ich schließen darf, das Unternehmen
"Kanonbildung" ist keineswegs suspendiert. Oder auch bloß in seiner Bedeutung
herabgesetzt.
Bleiben notfalls höchst konventionelle Reaktionen, wie sie
ein Repräsentant vom "Netznetz"
mitten im Saal gezeigt hat:
Doch das will ja auch als Qualität betont sein. Daß man
beim NCC jederzeit seinen Modus wechseln konnte. Und ich bin reichlich vergnügt, wieder
mal ein paar spannende Leute kennen gelernt zu haben. Oder etwa von "ORTLOS"-Architekt Ivan Redi
türkischen Kaffee und Croissants aufgetischt bekommen zu haben. Ich bin auch sehr
vergnügt, daß unser
Set sich im "Dom" so treffend eingelöst hat, wenngleich mir die
Bach-Bearbeitung von Ivan dabei gefehlt hat. Aber man kriegt eben nicht immer alles was
man sich wünscht ...
(Ich werd bei nächster Gelegenheit noch mal erläutern,
was es mit dem "Dämon" an Vogeltanz auf sich hat.)
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