29. Juni 2005Zu den gestern erwähnten lustigen
Zeiten: Na klar gehört der Haarschopf auf dem Foto dem Loidolt. Hier sieht man ihn auf
der gleichen Veranda wie den Cejpek. Das war im Juli 85, also nun vor fast genau 20
Jahren. Und ich weiß jetzt natürlich nicht, ob sie es beklemmend oder amüsant fänden,
diese alten Aufnahmen zu sehn. Aber, geh! Die Jungs hatten Charme!
Cut!
Offen gestanden, ich neige nur mäßig zum Surfen. Bei
meinen Arbeitszeiten am Bildschirm bin ich froh, wenn ich die Kiste runterfahren kann.
Aber manchmal rutsche ich an irgend einem Thema vorbei, zufällig, zu diesem oder jenem
Flimmern, da staune ich dann, was es so alles gibt. Zum Beispiel Origami mit Frankfurtern
(Wiener Würstchen). Dekoratives Kunsthandwerk für das traute Heim: [LINK]
Und weil man doch nie weiß, wer an die Tür klopft, selbst
hier in der Oststeiermark, schaue ich gelegentlich nach, wen das FBI gerade zu den zehn
meistgesuchten Bösewichtern zählt. Osama würde ich ja sofort erkennen, aber ... [LINK]
Cut!
Peter Handke hat, so lese ich, einen neuen Text zum Thema
Serbien und Sezessionskrieg publiziert. Ich habe in meiner Buchhandlung gerade erst die
Bestellung der Zeitschrift veranlaßt, kenne also den Text noch nicht. Aber die Vorboten
sind in Stellung. So schrieb Frido Hütter, Kulturchef der "Kleinen Zeitung" in Graz
beispielsweise am 23. Juni:
|
Damit ist wohl Handkes Buch "Eine
winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für
Serbien" gemeint. Am Sonntag mailte ich an Frido: "... was mich nun schon geraume zeit interessiert, denn gerade dieses buch
wird ja öffentlich immer wieder angefeindet, aber niemand nennt mir die gründe: |
was ist denn das ungerechte, das
anfechtbare an diesem buch? welche wenigstens einzelne stelle könnte man handke
vorwerfen? was ist deine meinung?"
Vielleicht ist Frido grade auf Urlaub. Oder will sich
dem Thema nicht weiter widmen. Es ist leider gar nicht so leicht zu erfahren, was genau
Journalisten gegen dieses Buch vorzubringen haben. Mein Kafkanier hat mir unlängst wieder
einen Link gemailt, wo ZEIT-Mitarbeiter Michael Thumann meinte: "Handkes Parteinahme für den serbischen Nationalismus ist
nicht nur naiv. Sie ist im Wortsinne reaktionär."
[Quelle]
Bloß, ich kann so eine Parteinahme für einen serbischen
Nationalismus nicht finden. Villeicht hätte jemand die Güte, mir mal eine klare
Quellenangabe zu schicken, die solche Annahmen belegt. Wohl gemerkt: Quelle. Nicht
Behauptung oder Sekundärsache.
Bis das geschieht, haben wir ja Gelegenheit, unsere
Gewohnheiten im Blick oder in den Blicken auf den "Balkan" zu reflektieren. Denn
es ist auffallend, daß sich diese Region Begehrlichkeiten und Instrumentalisierungen
durch alle maßgeblichen Mächte Europas gefallen lassen mußte ... seit die Osmanen sich
aus diesem Gebiet zurückdrängen ließen.
Cut!
Ich habe gestern
angefangen zu erläutern, was ich mit "Kafkanier" meine. Den Begriff mische ich
aus Kafka und aus Kakanien. Metternich kommt da phonetisch nicht mehr vor, ist aber
implizit grade noch vorhanden. Kakanien meint das einstige k. u. k. Österreich, wie es
Robert Musil im "Mann ohne Eigenschaften" beschrieben hat, die
kaiserlich-königliche Habsburger-Monarchie. (Musil gilt unzweifelhaft als Schöpfer des
Begriffes Kakanien.)
Da wären also ein Mann ohne Eigenschaften und der Abglanz
einstiger Größe, respektive der Traum von nie erreichter Größe. Dazu einige der
beklemmenden Motive des Franz Kafka, welcher gelegentlich von Tätern und Opfern schrieb,
über deren Motive man nichts erfahren kann. Was ja gewiß ein Hauptsächliches des
Kafkaesken ausmacht. Daß man die Motive nicht erfährt. Ich fasse zusammen: Die
Ergriffenheit gegenüber einer Größe, welche verschwunden oder nie dagewesen ist, im
Zustande der Eigenschaftslosigkeit, was auf Österreichisch sich in einem "Alles und
Nichs" einlöst, in etwas düsteren Situationen, die sich aus Akten ergeben, über
deren Intentionen man nichts erfährt, das ungefähr ist der Typus des Kafkaniers.
In all dem schwingt ja auch unser
"Balkan-Dilemma" mit. Denn, wenn man so sagen darf, das haben wir nie verwunden,
diesen Arschtritt von Königgrätz, wodurch uns Preußens Bismarck in hohem Bogen aus dem
"Deutschen Bund" geschafft hat ... das muß ja den häßlichen Braunauer noch
geplagt haben, daß er dem "Eisernen Kanzler" sich in gebeugter Haltung zu
nähern hatte.
Mindestens seit diesen Zeiten mußten uns die Südslawen
für unser eigenes Fiasko den Kopf hinhalten. (Neben den Juden.) Das macht,
mentalitätsgeschichtlich, den Kafkanier zum Teil eben auch aus ...
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