10. Juni 2005Der Neuseeländer Marcus Williams hat eben gemeinsam mit Kah-Bee Chow ein
bewegendes Projekt über unerwiderte Liebe abgeschlossen. Zu "response and
responselessness" heißt es:
"In 2005 twelve people from around the world were asked to tell a story of
unrequited love from their lives." (Ich war einer
davon.)
Das "smoke in" mit
Marcus bei unserer Trail-Station in Basel wird übrigens Auftakt für ein
"elektrisches Drama" sein, mit dem ich den Trail weiterführe ...
Cut!
Ich habe gestern
angedeutet, daß ich bei meiner Busfahrt in sehr anziehende Lektüre vertieft gewesen sei.
So gefällt mir Reisen über alle Maßen, Autofahren ist dagegen nur eine Art Notlösung,
am meisten mag ich, wenn ich lesen kann, zwischendurch schauen, was gerade draußen zu
sehen ist, und wieder lesen ...
Meine Lektüre knüpft an einen Besuch in Berlin an, damals
noch im Teil der DDR. Dort hatte ich das Haus von Arnold Zweig besucht, dessen Roman
"Erziehung
vor Verdun" zum Erschütterndsten gehört, was ich über den Ersten Weltkrieg je
zu lesen fand.
Ich erinnere mich noch an die Brille des fast erblindeten
alten Mannes, das Sofa, das Radio und natürlich seine Bibliothek. Nach diesem Besuch
hatte ich mich auch der Lektüre von Stefan Zweig wieder stärker zugewandt.
Es steht also einiges der beiden Zweigs in meiner
Bibliothek. Doch dieses magnetische Buch hatte ich weder gelesen, noch überhaupt gekannt
oder je im Blickfeld gehabt. Stefan Zweigs "Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines
Europäers". Worin er vor allem das Wien in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg
schildert. Eine kritische Beschreibung und Reflexion, die allerhand Aufschlüsse über das
bietet, was die unmittelbaren Vorbedingungen unserer heutigen Situation ausmacht.
Aber wie bin ich nun zu diesem Buch gekommen? Amra, eine
bosnische Muslima, hatte es vor vielen Jahren bei ihrem Großvater entdeckt. So nahm die
Erinnerung an dieses Buch ihren Weg aus Banja Luka durch den Sezessionskrieg, die Lager,
um schließlich mit Amra nach Wien zu gelangen und einen weiteren, kleinen Umweg zu
nehmen, über ein nächtliches Gespräch mich zu erreichen.
So funktioniert eben Kultur. Daß etwas, was als "das
Eigene" angenommen werden darf, gelegentlich nur über das, was als "das
Fremde" angenommen wird, zu einem vordringt. So hat das Mädchen aus dem tiefen
Süden für mich kulturell weit mehr bewirkt als der (gestern erwähnte) geschwätzige
Bauer aus der Südsteiermark, der meinte, er müsse auf diese Region herabblicken.
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