31. Mai 2005

Manchmal macht mich die Hitze ganz taub. Auf merkwürdige Art. Manchmal bringt es mich dazu langsamer zu werden. Und viel Wasser zu trinken. Dann sehne ich mich nach gut gekühltem Wein. Und weiß genau, diese Berauschtheit, um die es da ginge, würde reichlich Freiraum brauchen. Denn ich würde dann zu nichts anderem taugen als berauscht zu sein. (Mit meinem Mädchen habe ich manchmal solche Momente ...)

Cut!

Was muß man vorlegen, um einen Augenblick in etwas gänzlich anderes zu wenden? Damit meine ich so einen magischen Moment, in dem jemand aufgibt, was gerade in den Gedanken dominant war, um sich einem neuen Eindruck zu widmen, der kaum etwas in einem vorfindet ...

Klingt verwirrend? Mir ging es nun ein paar mal mit diesem Bild so. Es handelt vom Entstehen einer großformatigen Kalligrafie. Michael Gröller hat es aus Korea mitgebracht.

Und jedesmal, wenn ich es ansah, hat es mich von dem abgelenkt, was ich gerade tat ... Ein staunender Beobachter zu sein, der nichts weiß. Das ist ein sehr anziehender Zustand. Hm. Es ist anzunehmen, daß die Hitze an mir überraschende Wirkungen entfaltet ...

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Wie leicht man mich zum Staunen bringt. Wobei ich schon dachte, die Blödheiten im Anzug der Politik würden sich nun mal etwas beruhigen. Aber nein. Der vaterländische Bundesrat Kampl (siehe Eintrag vom 20. April) macht sich wieder in den Schlagzeilen breit. Sechzig Jahre und keine Rede davon, daß selbst die politischen Funktionstragenden des Landes auf der Höhe der historischen Diskurse angelangt wären. Während man in der Chefetage solcher Kampls sich weiterführenden Weihen widmet. Unlängst las ich im "Spiegel" über Jörg Haider:

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Sowas macht mich ... sprachlos. Ein wenig nachgedacht. Okay. Wer was erreicht hat, will die Perlen eigener Weisheit weitergeben. Und das Geschäft mit den Visionen floriert sowieso. Gut. Wird schon alles seine Richtigkeit haben ...

Cut!

Ich mag es ja, wenn mein Logbuch Reaktionen einbringt. Aber manchmal fällt es mir schwer zu glauben, was mir ins Postfach flattert. So schrieb mir ein Kroate zu meinen "jugoslawischen Skizzen":

"manchmal denke ich, dass du die infos ausschliesslich und direkt von tschetnicks von heute bekommst. könnte das sein?"

Geben die Cetnici historische Info-Blätter heraus? Vielleicht. Mich hat sowas aber noch nicht erreicht. Was sind meine Quellen? Ich mache sie HIER kenntlich. Es ist ja einigermaßen übliche Praxis, daß die Deutung von Quellen und Zeugenberichten allgemein zur Debatte steht. Texte, die solche Deutungen der Quellen zur Diskussion stellen, werden von allen denkbaren Positionen her kommentiert und kritisiert.

Den Hinweis darauf quittierte mir der Mann mit einem interessanten Lehrstück europäischer Optionen:
"mit allem respekt aber keine historiker die du nennst interessieren mich. wieso soll ich einem englischen/deutschen/norwegischen historiker mehr glauben als einem kroatischen? weil die kroaten lernten etwas später geschichte zu schreiben? und wissen deswegen eigentlich nicht was ihnen passiert? die andere wissen es besser? oh come on!"

Halten wir mal fest, daß an einer Vielfalt von Ansichten vermutlich kein Weg vorbei führt, falls man einen Eindruck von diesem Kontinent bekommen will. Ich denke, man muß auch keineswegs die Widersprüche eliminieren, um "Wahrheit" hervorzubringen. Denn "Wahrheit" ist ohnehin keine all zu relevante Kategorie des Historischen.

Obwohl: Liegt jemand mit durchschnittener Kehle vor dir, darfst du doch annehmen, daß jemand eine Klinge in die Hand genommen hatte. Hast du plötzlich tausende oder hunderttausende Tote vor dir, tun sich eine menge Fragen auf. Solchen Fragen wird man jederzeit nachgehen müssen. Oder?

Anders betrachtet: Lassen sich Dinge tun, um Massaker verläßlich zu vermeiden? Ich denke: JA! Vielleicht ist das eine der interessantesten Fragen: Was kann getan werden, um Massaker verläßlich zu vermeiden?

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