25. März 2005

Seit Tagen schwirren diese rhetorischen Fragen herum: "Was ist ein Leben wert?" Anlaß ist die amerikanische Wachkoma-Patientin Terri Schiavo, deren Magensonde entfernt wurde. Was bedeutet, daß sie nicht weiter ernährt wird. Was bedeutet, daß sie sterben wird.

Nun. Was ist denn das für eine Frage? Nach dem Wert. Wert. Ideell? Materiell? Wie ist denn das gemeint, wenn es mehr als Betroffenheitsgymnastik sein soll? Anders und wohlmeinend gefragt: Wie kriegen wir das Thema vom Boulevard, dem die Thematisierung zu danken wäre, herunter? Auf Ebenen, wo ernsthaft geklärt werden kann, was es damit auf sich hat. Um die Ergebnisse dieser Erörterungen wieder auf den Boulevard zurück zu tragen. Und hin zu jenen politisch relevanten Agenturen, die das Erreichte zu sichern hätten.

Aber! Festzuhalten ist, die Wertfrage steht ja gar nicht zur Debatte. Es gibt einen übernationalen Willensausdruck vieler Völker, in dem die Frage geklärt ist:

Die UNO-Resolution 217 A (II) wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 angenommen und proklamiert.

Es ist die Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte. Die "Was ist ein Leben wert?"-Fragerei drückt wohl eher aus, daß wir reichlich Umsetzungsprobleme mit unseren selbstgewählten Regeln haben.

Ich habe gestern den sechsten Jahrestag der völkerrechtswidrigen Bombenangriffe der Nato auf Jugoslawien erwähnt. Den Anlaß dazu lieferte das Milosevic-Regime mit seiner Soldateska im aktiven Völkermord an den Albanern im Kosovo.

Die Bombardierung eines Rundfunksenders ist von amnesty international als Kriegsverbrechen qualifiziert worden. Aber die zurück zum Motiv der einzelnen Sterbenden, mit dem sich der Boulevard gerade herumschlägt.

Ich habe vor fast einem Jahr vom rabiat eingetreten Tod einer Serbin erzählt. Ich war als Gast ihres Sohnes im Haus, in dem sie gelebt hat. Unter den Menschen der "Türme von Zemun", wo die Bomben in der Nähe fielen. Was sind das für Leute? (Rhetorische Frage! Ich bin in einem Hochhaus aufgewachsen. Alles ganz vertraut.) Bloß ...

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Was soll man nach dem Wert eines Lebens fragen, wenn gerade mal zehn Kilometer entfernt der Chemiekomplex von Pancevo mit Bomben und Raketen gesprengt worden war. Wobei acht Tonnen Quecksilber und über 1000 Tonnen anderer hochgiftiger, vor allem krebserregender Chemikalien in die Umwelt gelangten?

Die Menschen sterben daran noch heute. Niemand fragt danach ... So ist das mit dem "Wert des Lebens". Soll er sich einlösen, hängt es völlig davon ab, wer einem grade zur Seite steht. Es geht also um klare Orientierungen und Handlunsgbereitschaft. Die ganze Entrüstungsakrobatik ist ... "für die Fisch"

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