12. Mai 2004

Wann fielen die Bomben auf Belgrad? Sie hatte seit damals kein Wasser aus den Leitungen trinken wollen, immer nur aus Flaschen, die nach Hause geschleppt werden mußten. Warum ist das Sterben dort immer noch von irritierenden Erscheinungen umgeben? Die Leute reden nach wie vor davon: Waren da bloß Bomben?

Wie viele Liter Wasser mögen es gewesen sein, die seit dem Krieg über diese Schwelle getragen wurden? Drei Jahren ist es her, hatte plötzlich ein Polizist vor der Tür gestanden. Mit den Habseligkeiten ihres Mannes. Sie hat den Verlust nie verwunden.

Heuer warf der Krebs ihren Bruder ins Bett. Vor wenigen Monaten mußte ihr Sohn zum Militär.

Der Zufall ist launig. Ihr Schwager, ein Arzt, hatte sie vor wenigen Wochen untersucht. Da waren alle geprüften Werte im Normbereich. Vor einigen Tagen mußte sie ins Spital.

Es schien, als hätte in ihrem Leib eine Verwüstung stattgefunden. Als hätte eine Bestie sie von innen angefallen. Sie wird das kommende Wochenende nicht erleben, meinte ihr Schwager.

Es blieb ihr nur die Hälfte dieser Zeit. Gestern hat die geheimnisvolle Bestie sie getötet.

Niemand weiß zu sagen, woher das kam. Wann fielen die Bomben auf Belgrad? Sie hatte seit damals kein Wasser aus den Leitungen trinken wollen, immer nur aus Flaschen, die nach Hause geschleppt werden mußten.

So ist das. So geht ein Leben. Es reißt manche aus allem heraus. Kein spezieller Grund. Keine Antworten. Das gibt der Liebe einen besonderen Kontrast. Es herrscht kein Frieden auf diesem Kontinent.


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