13. März 2005Heute! Wahltag. Vor wenigen Minuten hat das Wahllokal geschlossen. Spannende
Zeit. Die mir noch einen nahezu rührenden Beleg für das Ringen um politische Anwesenheit
geliefert hat. Auf der Website der Gleisdorfer SPÖ fand ich folgende (vermutlich recht
aussichtslose) Botschaft von "berti":
(12.03.2005 13:40) ich hoffe, dass sich alle
bürger/innen dieser stadt besinnen und auf keinen fall die spö unter robert lamberti
wählen. das wäre wirklich fatal für unsere gemeinde! Mit freundlichen Grüßen
Vermutlich sollten man Zuversicht bewahren, daß diese
Republik die Qualität ihres politischen Lebens wird steigern können.
Cut!
Der kroatische Künstler Vlado Franjevic
ist mit seiner Familie eben umgezogen. Und schreibt mir über seinen kleinen Sohn Justin:
"er bedankt sich immer allen menschen, tieren,
pflanzen und gegestaenden. er bedankt sich dann wenn er etwas bekommt aber auch dann wenn
er jemanden was schenken darf! das beste ist wenn er sich dem lift bedankt weil dieser uns
langsam und ruhig zum boden bringt."
Das ist doch eine überaus anregende Haltung, die dieses
kleine Menschlein gerade zeigt.
Cut!
Ich habe gestern
erwähnt, Kunstschaffende würden sich in Österreich seit je überwiegend in der Nähe
von Geld und Macht aufhalten, diese Position aber gerne mit rebellischen Attitüden
bemänteln. Solche Inszenierungen binden viel Kraft und hindern einen leicht daran, an
einem eigenen Berufsbild zu arbeiten, um zu klären, was man unter
"Professionalität" verstehen will.
Das zu beachten ist sicher nützlich, wenn man über
Kulturpolitik nachdenkt. Christophe Charle schreibt in seiner Studie "Vordenker der
Moderne":
"Bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, und in den
noch stark aristokratisch geprägten Ländern auch darüber hinaus, glichen der Staat und
die herrschenden Klassen die mangelnde Rentabilität gewisser Gattungen aus, indem sie
sich als Mäzene oder Gönner der Literaten betätigten."
Wenige Seiten danach findet man bei ihm die Überschrift
"Österreich: Die beschützte Avantgarde". Das muß man keineswegs sehr
freundlich interpretieren. Die Tradition, sich in den Schutz, aber auch in die
Abhängigkeit der Mächtigen zu begeben, ist eine lange.
Nimmt man hinzu, daß viele Kunstschaffende eine erklärte
Abscheu gegenüber dem Markt haben, wird das Spielfeld der Autonomie schon sehr eng.
Bliebe "das Publikum"; aber Sie wissen ja, wie energisch man öfter gesagt
bekommt, es sei strikt abzulehnen, bei künstlerischer Arbeit an ein Publikum zu denken.
(Na, wenn diese Skizze nicht geradezu exemplarisch
beschreibt, was man sich unter einem "Dilemma" vorstellen darf, dann weiß ich
nicht, was ein Dilemma sein soll.)
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