6. März 2005 Diese
arroganten alten Männer! Daß einer sich im Tod noch brüstet, ein tapferer Krieger im
Dienste der faschistischen Mörder, der Barbaren gewesen zu sein, kann einem den Atem
verschlagen. Das eigene Scheitern an solchen Teilen seines Lebens der Nachwelt als Grund
zum Stolz aufzudrängen, ist von einiger Obszönität. Besonders in diesem
"Gedankenjahr" 2005.
Das war letzten Freitag in der "Kleine Zeitung" zu finden.
Die im Parte erwähnte Zweite Panzerdivision ist bei der Invasion in Polen und Frankreich
dabei gewesen, in Rußland und auf dem Balkan, da haben damals die Herrenmenschen überall
... genau WAS zu suchen gehabt? Und das wird hier noch ausposaunt.
Wie mag es um eine Familie bestellt sein, welche die Welt anfleht: laßt uns von
BEDEUTUNG sein! In dem sie die Verdienste des Patriarchen penibel auflistet. Unter
anderem, das Eiserne Kreuz II und das "Panzervernichtungsabzeichen" und andere
Belege, wie hart dieser Richard III seinerzeit hineingegangen ist.
Dem Verstorbenen ins Grab nachzurufen, daß es
erwähnenswert sei, die "Medaille der Winterschlacht im Osten" etc. erworben zu
haben, wo die Nazi-Schlächter wahrlich nicht ihre "Heimat" zu verteidigen
hatten, sondern Massaker verschuldeten, ist ein schwer erträgliches Stück Österreich.
Cut!
Wie passend dazu ... ich habe gestern die kanadische Künstlerin Tracy Hetherington erwähnt. Die ist
seit einiger Zeit unterwegs, um historischen Persönlichkeiten symbolisch
"Vergebung" für verursachte Gräuel und Anmaßungen zu verschaffen. Was
bedeutet: Die Taten zu thematisieren. Dazu steigt sie in teilweise sehr schwindelnde
Höhen, um die Statuen zu küssen.
Hetherington: "I did kiss Queen Victoria of Great
Britain for her promoting of Imperial territories world wide and the claim they held over
India."
Diese "Tour des Vergebens" wird ab dem kommenden
Wochenende in "The
Junction" nachvollziehbar gemacht.
Cut!
Dieses feine Schild stammt aus der Manufaktur der
geheimnisvollen Internet-Existenz Florian Merkur. Einer unserer Reisebegleiter im Symposion im fahrenden
Zug. Der Impuls dazu kam vermutlich vom Dichter Gerardo Kofler, den ich
gefragt hatte, ob man als Süditaliener auch "nach unten" fahre, wenn man weiter
gegen Süden aufbrechen würde. Gerardo antwortete:
Die Nord- und Mittelitaliener
fahren natürlich (leider) "in giù". Die Neapolitaner fahren "in
Scilia" bzw. "per l'Africa". Zum "unten" trösten wir uns also
ironisch mit Luciano de Crescenzo: "Jeder kann jemanden finden, der noch südlicher
ist, als er selber." Oder mein Spruch: Die Iren sind ein südliches Volk, das vom
Schicksal in den Norden gebracht wurde.
Cordialmente,
gk
Cut!
Am 4. März habe
ich erwähnt: Politik, Verwaltung, Primärkräfte und Publikum. Wer steht sich im
Kunstbetrieb gegenüber? Wer sind die handelnden Personen im Kulturbetrieb?
Das Denkmodell der "Drei Sektoren" hilft einem da
weiter: Staat. Markt. Zivilgesellschaft. Kunstschaffende haben oft wenig Neigung, sich mit
dem Markt näher zu befassen. Folglich erwarten sie vom Staat vielfältiges
Entgegenkommen. Aber wer und was ist der Staat? Grob gesagt: Politik und Verwaltung.
Erstaunlich, daß das nicht bloß seitens der Kommunen oft
recht unscharf gesehen wird. Auch Kunstschaffende zeigen sich darin gelegentlich nicht
gerade sattelfest. Und übersehen außerdem ab und zu, worin sich Politik und Verwaltung
unterscheiden. Was allerdings auch in der Politik machnmal völlig verwischt wird. Wenn
etwa ein Angestellter der Kommune (z.B.: Dienstnehmer der Stadtgemeinde) als politischer
Referent quasi POLITISCH sein eigener Boss ist. Da besteht dann eine solide
Unvereinbarkeit.
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