25. Februar 2005

Was darf man sich unter "intellektueller Redlichkeit" vorstellen? Was wäre ein "geistiges Klima", für das man Einsatz erwarten sollte? Welche Rolle kann oder soll das Kulturreferat einer Kommune in solchen Zusammenhängen spielen? Welche Wechselspiele zwischen Politik, Verwaltung, Bürgerinnen und Bürgern stünden dabei zur Debatte?

Cut!

Auf meine Behauptung:
"wie ich von mirjana weiss, ist es ja keineswegs so, dass suedslawen und ostslawen sich barrierefrei mit einander verstaendigen koennten. setz mal tschechen und montenegriner an einen tisch. lustig! sprache, metalitaet etc. das ergibt ja keineswegs *das slawische*. [... ] *das slawische* / *das islamische* ... phantasmen. aber wie gehen wir nun mit einander um? [...] waere dann srebrenica alles, was uns zu serbien einfaellt?"

... schrieb der aus Nis (Serbien) stammende Architekt Ivan Redi:
"lustig, aber selbst die bosnischen serben (manche an serbrenica beteiligt) und serben in serbien (daheim im wirtshaus) haben in vielerlei hinsicht verständigungs probleme, und nicht nur wegen dialekt. interessant ist, dass was uns eigentlich zu serbien einfaellt meistens mit essen und trinken verbunden ist, oder mit der blasmusik - haupt exportartikel im moment festival in guca."

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Von rechts: Ivan Redi in der Debatte mit den Architekten Mark Blaschitz und Andreas Mayer. (Das ist NICHT die Runde, von der ich hier gerade schreibe!)

Denke ich, wie gestern, an Arthur Koestlers Roman "Sonnenfinsternis", dann fällt mir Frantz Fanon ein. In "Die Verdammten dieser Erde" schildert er, wie sich europäische Macht in die arabische Welt schneidet. Wir hatten, wie oben angedeutet, bei "The Locomotion" gerade einige Heftigkeiten, weil es mir mißfällt, wenn jemand meint, man müsse oder könne "den Islam" und "die islamischen Staaten" als Synonyme für Terrorismus setzen.

Wenn dann solche Fragen folgen:
"was unterscheidet die islamischen staaten nun tatsaechlich vom islamischen terror???"

... (im Kontext einer Debatte, wie sich Orient und Okzident zueinander verhalten würden) korrespondiert das mit Statements, wie ich eines gestern einem Leserbrief der "Kleine Zeitung" entnehmen konnte:
"... dass in letzter Zeit beinahe alle Terroristen (Selbstmordattentäter) Muslime sind!"

Aber! Das sind unredliche Verkürzungen. Selbst wenn sich das für sich so verifizieren ließe, blendet es aus, unter welcher MITverantwortung sich Europa und Awmerika aus ihrer Kolonialpolitik diesen Themen zu nähern hätte.

Das Aufteilen und Ausplündern der Welt hat "unsere Leute" lange davon abgehalten, sich im achtsamen Umgang mit anderen Kulturen zu üben. (Wir spielen es innerhalb Europas nach dem selben Muster. Etwa in unserer Zuwendung zum "Balkan".)

Ich habe Fanon vor etwa 15 Jahren gelesen und daraus Eindrücke erhalten, mit welchen Mitteln französische "Herrenmenschen" sich den Menschen in Algerien zugewandt haben. Fanons Begegnungen mit den Folterknechten hinterlassen markante Eindrücke.

Als die Hisbollahis im Libanon die "menschliche Bombe" als preisgünstige und effiziente Waffe eingeführt haben, war es das hochgerüstete Amerika, das sich GEGEN den dringenden Rat vor Ort tätiger Offiziere aus dem Beobachter-Status plötzlich in einen Akteur wandelte. Und ... sich auf unsinnigste Art in einen ohnehin schon extremen / extrem komplizierten Konflikt eingemischt hat.

Das imperiale Österreich hat sich einst auf dem "Balkan" laufend so benommen. Nazi-Deutschland, dem wir angehörten, noch schlimmer.

Auf den Befehl zur Feuerfreigabe reagierte Oberst Timothy Gergathy im Libanon so:
"Sir, das kann ich nicht tun. Dann sind wir unsere Neutralität los. Ist Ihnen klar, daß wir hier unten, wenn Sie das machen, abgeschlachtet werden?"

Die amerikanische Kriegsmarine feuerte.

43 Tage darauf starben 241 Marines in ihrem Hauptquartier im Süden Beiruts. Der LKW, durch den das Gebäude zum Einsturz gebracht wurde, war mit über fünf Tonnen chemisch angereichertem TNT und Gasflaschen beladen gewesen. Vom Fahrer konnte keine Spur mehr gefunden werden ... Das hat sich im Oktober 1983 zugetragen.

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