20. Jänner 2004

In Frankreich ist nun nicht nur Lehrerinnen, sondern sogar muslimischen Mädchen das Tragen von Kopftüchern in der Schule per Gesetz verboten. Weil man die Zurschaustellung religiöser Symbole ablehnt. Was die Debatte hierzulande auch wieder in Gang bringt. Ganz erstaunlich. Wie sehr sich auffallend halbherzige Katholiken von den Kopftüchern provoziert fühlen. Leute, die in den Debatten nicht einmal zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden wissen.

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Ich bezweifle ja, daß man das Kopftuch generell und ausschließlich als religiöses Symbol werten kann. Selbst wenn es teilweise die Konsequenz einer religiösen Auffassung ist. Ich bezweifle auch die Stichhaltigkeit der Deutungen, die ich hierzulande über die Motive von Muslimas zu hören bekomme. Wir haben seit der Herrschaft der Nazi-Rabauken noch nicht all zu glaubhaft belegt, daß uns reale Kenntnis anderer Kulturen wichtiger wäre als das Auslangen mit Klischees.

Ich denke, es wäre schon ein kleiner Fortschritt, wenn man einmal davon ausgehen könnte, daß es etwas wie die „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“ gibt. Über die regional unterschiedlichen Diskrepanzen zwischen Wertekatalogen und Alltagspraxen kann ja diskutiert werden. Uns selbst eingenommen. Bei der Gelegenheit: Die ”Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ von 1948 ist ja auch eine recht anregende Lektüre.

Ich lebe im ländlichen Raum, umgeben von agrarischer Welt. Und ich wohne nahe dem Kirchriegel. Weshalb ich sehr oft Frauen mit Kopftuch sehe. Allerdings keine Muslima darunter. Die gute Nachricht: Niemand scheint sich hier an den Kopftuch tragenden Frauen zu stoßen.

Allerdings habe ich schon oft gestaunt, wie sehr die Kirche mit ihren Kirchenglocken lautstarke Propaganda für sich machen darf, ohne Einwände hervorzurufen. Denn die Zeiten, wo das Glockengeläute den Menschen ihren Tag strukturiert hat, sind dank der Verbreitung von Armbanduhren und Handies wohl längst vorbei. Also kann das Geläute ja nur heißen: Das sind wir! Und wir sind hier! Die Religion drängt sich im Alltag allen Menschen auf.

Daß der Katholizismus in Europa in einer sehr tiefen Krise steckt, ist ja kein Geheimnis. Was man auch daran ablesen kann, daß etwa ÖVP-Granden unlängst versucht haben, den Katholizismus in die österreichische Verfassung zu reklamieren. Eine ungeheure Zumutung, daß man versucht, eine Weltanschauung so kühn über alle anderen zu stellen. Vielleicht erklärt das ein wenig die niedere Reizschwelle gegenüber muslimischen Kopftüchern. "Selbstdefinition durch Feindmarkierung" ist eine altbewährte Strategie.

(Wenn man bedenkt, daß unserer aktuelle Außenministerin nun das Amt des Bundespräsidenten anstrebt, daß sie ihren katholischen Hintergrund sehr ernst nimmt, was die kirchliche Anullierung ihrer ersten Ehe verlangt hat, ist vielleicht damit zu rechnen, daß es in absehbarer Zeit heißt: Schultertuch statt Kopftuch!)

P.s.:
Am 17. Jänner fraget ich: „Woher weiß man, daß neun von zehn Katzen Futter aus einem bestimmten Gatsch-Beutel bevorzugen?“ Die Autorin Barbara Neuwirth meinte dazu:
>>weiß nicht, aber das mit der Bevorzugung von bestimmtem Gatschfutter stimmt - dürfte an den Suchtmitteln liegen, die die Hersteller ins Futter mischen ...<<
Schluck!

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