the long distance howl / konsortium 18
/ tesserakt III / seite #26
Groove
Um ein Zitat zu strapazieren, dessen Quelle ich vergessen hab:
solange mich niemand fragt, weiß ich genau, was es ist. Sobald
mich wer fragt, weiß ich es nicht mehr: Groove. Es ist
ein Begriff, um etwas über Musik auszusagen. Wir haben’s dann
ganz generell auf das Leben übertragen. Wenn es nicht
grooved, dann haben wir ein Problem.
Ella war schon
eine ältere Dame, als ich – aus meinen Kindertagen heraus –
draufgekommen bin, daß hinter meinem Horizont noch ganz andere
Welten liegen und andere Tunes erklingen. Da sang Ella etwa
diesen Hadern von Duke Ellington und Irving Mills. Das hat mich
einfach umgehauen, wie es allein schon klang: „It don't mean
a thing if it ain't got that swing“. („Doo wah, doo wah, doo
wah, doo wah, / Doo wah, doo wah, doo wah, doo wah!“)
Vin links: Mally, Krusche & Siegmund 2003
Damals hab ich womöglich zum ersten Mal kapiert, daß uns nicht
nur unsere Sprache gegeben ist, um aufregende Dinge zu
erzählen. „Ella Fitzgerald Sings the Duke Ellington
Songbook“ kam im Jahr nach meiner Geburt heraus.
Gut,
damit bin ich nicht gleich aufgewachsen. Aber das schlug dann
irgendwann mit Wucht in mein Leben. Dieser Groove. Da war ich
freilich längst von anderen Stimmungen bewegt worden.
Mally 2003
Schnitt!
Irgendwann im Laufe des Jahres 2002 war ich aus einer heftigen
Wildwasserfahrt im Hause des Signore gelandet, in der
Bar von Hansi Grimm. Der Mann hatte ein ruhiges Auge für bewegte
Geschichten.
Es führte etwa dazu, daß er eines Tages zum
Tischchen in meinem bevorzugten Winkel der Bar trat, einem Platz
des Lesens und des Schreibens. Während ich mich setzte, knipste
er die Stehlampe an, die er für mich besorgt hatte. „Du
siehst ja sonst nichts.“
In Kielwasser dieser Ereignisse habe ich
„Die
Verschwörung der Poeten“ angezettelt. Das führte zu
einem Set mit den Musikern Oliver Mally und Bernie Mallinger
sowie mit dem Lyriker Wolfgang Siegmund und mir. Die Session
hieß folglich: „Kraft der Poesie“.
Krusche (links) &
Mally 2016
Das war 2003. Danach ging es durch sehr unterschiedliche
Stationen. Zuletzt haben wir 2016 einen gemeinsamen Abend
gespielt. Inzwischen haben wir diesen Lockdown durchlaufen.
Niemand weiß, wie sich der Kulturbetrieb mittelfristig gestalten
läßt.
Mally und ich hab uns während dieser Zeit laufend
verständigt. Dem besinnungslosen Slogan „Ohne Kunst wird’s
still“ stellten wir ein Zitat von Toni Morrison gegenüber:
„This is precisely the time when artists go to
work—not when everything is fine, but in times of dread.
That’s our job!” Das stammt aus „No
Place for Self-Pity, No Room for Fear“ (In times of
dread, artists must never choose to remain silent.)
Toni Morrison, 2015.
Hier das Blatt vom 7. Mai 2020 mit dem Zusammenhang: [Link]
Fazit: merken Sie sich den 29. und 30. Jänner 2021
vor. Es geht um...
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