the long distance howl / konsortium 18 / tesserakt / seite #4
Dissens ist anregend
Als bekannt wurde, daß
Peter Handke den im Jahr 2019 Literaturnobelpreis erhalten werde, ging
ein Rumoren los, das mir in vielen Aspekten wie ein Echo dessen klang,
was ich zwischen 2004 und 2010 kennengelernt hatte.
Während
dieser Jahre war ich mehrmals in Debatten eingestiegen, die nicht nur
das Verhalten Handkes betrafen, sondern unser Verhältnis zum Südosten
Europas reflektiert haben. Diese Erörterungen sind abschnittweise unter
dem Titel „Balkan-Reflex“
gebündelt, da ich immer wieder verblüfft war, wie reflexhaft manche der
Themen abgehandelt wurden.
Das Bergwerk in Omarska
Diesmal hatte ich mir vorgenommen,
aus der Debatte um Handke weitgehend draußen zu bleiben, weil mir erneut
sehr klischeehafte Statements um die Ohren geflogen sind. Es ist wenig
verlockend, zu solchen Fragen im Kreis zu rennen, ohne dabei auf neue
Überlegungen zu stoßen.
Nun hab ich einige Aspekte dieses
Geschehens kommentiert, die erst einmal nicht Handke meinen, sondern die
Art, wie all das in meiner Umgebung debattiert wird. Dabei zeigte sich
ein launiges Crescendo, auf daß ich jüngst mit einer Glosse via Facebook
reagiert hab.
In „ha-ha-handke!“
ist etwas polemisch auf ein aktuelles Spießertum verwiesen, daß schimpft
und sich entrüstet, aber seine Gründe nicht darlegt. Wenn jemandem
öffentlich sehr schwere Verfehlungen vorgehalten werden, sollten jene
Momente, Äußerungen und Textstellen benannt sein, auf die solche
Vorwürfe gemünzt wurden, sonst tendiert sowas Richtung Denunziation.
Alles andere, allgemeine Betroffenheitsgymnastik und das Beschimpfen
Andersdenkender, kenne ich derzeit zur Genüge aus den Lagern
vaterländischer Politik. Wenn ich feststelle, daß sich solche Modi der
Herabwürdigung in meinem vertrauten Milieu ausbreiten, haben wir eine
Situation, in der ich mich verläßlich querlege.
Was Pater Handke
betrifft: In den vergangenen Jahren habe ich meine Einschätzung seines
Verhaltens rund um den Untergang Jugoslawiens vor allem auf seine Bücher
zum Thema und auf etliche seiner Aussagen in öffentlichen Auftritten
gestützt.
Inzwischen weiß ich von Interviews in verschiedenen
südslawischen Medien, deren Inhalte mir wegen der Sprachbarriere nicht
zugänglich sind. Also warte ich zu, bis solches Material aufgearbeitet,
also wenigstens ausschnittweise in Übersetzungen zugänglich ist. Dann
werde ich meine Ansichten zum Autor Handke eventuell revidieren. Das
wird sich zeigen.
Auf Kolportage, die ihre Quellen verschweigt,
gebe ich allerdings gar nichts. Deshalb widme ich mich augenblicklich
lieber unserem Umgang mit dem Thema, unseren Usancen in öffentlichen
Diskursen, was mir – unabhängig von Handke –
drängend und dringend erscheint, da Österreichs Politik aktuell eine
Menge markante Anlässe liefert.
Das ist einerseits in meinem
politischen Feuilleton auf der Website von Kunst Ost
dokumentiert: [Link]
Das hatte anderseits einen verstärkenden Moment in einer
Wahlkampfveranstaltung, zu der ich mich mit dem Musiker Chuck Le Monds
verabredet hatte.
Es war ein Abend mit Herbert Kickl und Mario
Kunasek, bei dem Chuck enorm unter Druck geraten ist; siehe dazu: „Brauchtum
und Heimatpflege“.
Auch in diesem Zusammenhang ist das
Stichwort Balkan wieder sehr populär. Wir haben demnach eine Situation.
Und größeren Klärungsbedarf…
-- [Eine
Balkan-Situation] --
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