Log #22 Unsere Demokratie ist in ihrer
kulturellen Praxis ganz maßgeblich von jenem Bürgertum geprägt, dessen Arriviertheit
gegenüber den "alten Eliten" (Adel und hoher Klerus) sich vor allem in der
"Gründerzeit" (in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts) der Öffentlichkeit
markant mitgeteilt hat.
Dieses Bürgertum mit seinen Salons, das ist freilich eine
elitäre soziale Dimension aus imperialen Zentren und anderen Brennpunkten städtischer
Blüte. Was aber als bürgerliche Tugenden verstanden wurde, wovon bürgerlicher Kunstsinn
und Bildungsideale handelten, hat auch in unserer regionalen Gegenwart normgebenden
Charakter.
Das löst sich dann gelegentlich nicht in "klassischen
Salons" ein, sondern in heimeligen Küchen, in denen Gastfreundschaft herrscht. Eine
dieser Küchen gehört der Designerin Barbara Baumgartner. Da hatte ich eben ein äußerst
anregendes Plauderstündchen mit dem auf Wirtschafts- und Sozialgeschichte konzentrierten
Historiker Robert Hausmann. Dessen Detailkennntnis historisch relevanter Aspekte
von Stadt und Raum Gleisdorf mich verblüfft hat.
Es ist ja, da wird mir Hausmann kaum widersprechen, weder
die Gegenwart verantwortbar, noch die Zukunft gestaltbar, sollte man auf die Deutung der
eigenen Vergangenheit verzichten.
Cut!
Jürgen Hofer, Nina Strasser und Karl-Martin Pold (in
Schreibhaltung) sind Studierende an der FH Joanneum. Im Studiengang Journalismus
und Unternehmenskommunikation. [LINK]
Im Rahmen ihrer Lehrveranstaltung
"Mediengeschichte", wo es unter anderem "Medienkonvergenz" geht, haben
sie mich diese Woche in Gleisdorf besucht. Wir haben uns dabei ein Stück des öffentliches Raumes
genommen, um da auf Stefan Zweig zu verweisen. Dessen Buch "Die Welt von
gestern" (hier in Händen von Pold) vom Ende der oben erwähnten Ära (Gründerzeit),
das vom Beginn des Ersten Weltkrieges besiegelt wurde, handelt.
Als ich das Trio fragte, ob es sich auf diese Station mit
mir einlassen würde, eine Markierung auf der Strecke des "CyberTrails" (zu dem
dieses Projekt "Next Code" ja gehört), war die erste Reaktion: "Gerne.
Wenn wir nicht verhaftet werden."
Was insofern interessant ist, als es deutlich macht, wie
"öffentlicher Raum" verstanden wird. Nicht bloß als ein primärer Ort
bürgerlicher Freiheit, sondern auch als Raum, der unter strengem Reglement steht.
Cut!
Zu den Tugenden und Idealen einer bürgerlich geprägten
Demokratie gehören jene Grundlagen, die einige der Unterschiede ausmachen, über die aus
Untertanen Bürger werden konnten. Seit der griechischen Antike zählt dazu
"Teilnahme am politischen Leben". Was ja, wie immer man das selbst in der Praxis
verstanden wissen will, voraussetzt, daß man sich mit Bildungsfragen befaßt, daß man
über eine Reihe von Kompetenzen und Kulturtechniken verfügt. Bildung.
Ich hab in der Vorwoche dem Kulturausschuß und den
Fraktionen der Stadt Gleisdorf das schon erwähnte Ideen-Papier zu Bildungsfragen übermittelt. Manuela
Burger vom "Bildungsnetzwerk
Steiermark" schrieb mir dazu:
>>...
vielleicht hier noch dazu zwei Auszüge aus den sechs Schlüsselbotschaften der EU zur
Bildung - Memorandum Lifelong Learning: "Gewährleistung eines umfassenden und
ständigen Zugangs zum Lernen, damit Qualifikationen erworben und aktualisiert werden
können, die für eine nachhaltige Teilnahme an der Wissensgesellschaft erforderlich
sind," "Schaffung von Möglichkeiten für lebenslanges Lernen in unmittelbarer
Nähe des Lernenden." ...<<
Von SP-Vizebürgermeister Robert Lamperti erreichte mich
darauf diese Nachricht:
Lieber Martin,
ich habe mit Gerhard Muhr gesprochen, er wird sich namens unserer Fraktion für diese
Thematik annehmen.
Gruß
Robert
Cut!
Ich bin ein "Automobil-Paparazzo", ständig auf
der Pirsch, um rund 100 Jahre Geschichte des Automobils mit "Beute" möglichst
aus "freier Wildbahn" zu belegen. Was sich in einem großen Internet-Projekt
niederschlägt: [flame]
Von dieser Leidenschaft bewegt gefiel mir natürlich das
Foyer der Intendanz des "steirischen
herbstes", wo ein riesiges Gemälde dieses Royce-Cabrio zeigt. (Rolls war der
Kaufmann, Royce der geniale Ingenieur, ihm gilt die Betonung.)
Apropos "steirischer herbst". Der leitende
Dramaturg, Florian Malzacher, ist am "CyberTrail" interessiert, möchte die
Kooperation. Wir bereiten (im Kontext "Next Code") nun ein gemeinsames Projekt
vor. Allerdings nicht in Gleisdof, nicht im heurigen Herbst.
Die Gemeinde braucht überdies noch Zeit, sich mit der
Möglichkeit solcher Synergiemodelle zu befassen. Ich habe in der vergangenen Woche ja notiert, es seien zur Zeit drei Positionen /
Vorhaben in Arbeit:
+) Das Kunstprojekt "Next Code" (Initiator: M. Krusche)
+) Die Installation "Spurband" (Initiatorin: B. Baumgartner)
+) Die Internet-Kulturplattform für Gleisdorf (Initiator: Ch. Stark)
Am Tag meiner Besprechung mit Malzacher und Christine
Sbaschnigg (Assistentin von "herbst"-Intendantin Veronica Kaup-Hasler) erfuhr
ich nach dem Meeting aus dem Gleisdorfer Kulturreferat (Dienstag, 28. März 2006 12:42):
>>Sehr geehrter Herr Krusche, lieber Martin,
Bezug nehmend auf deine angeführten drei Projekte kann ich dir mitteilen, dass das
Projekt "Kulturportal Gleisdorf" im Ausschuss positiv bewertet wurde und dass
Hannes Felgitsch die Aufgabe der Koordination und Kontaktnahme mit dir übernommen hat.
[...]
Im Ausschuss wurden die Projekte "next code" und "spurband" meines
Wissens noch nicht behandelt.
Mit freundlichen Grüßen
Susanna Schrampf<<
Bleibt abzuwarten, welchen Weg das "City
Management" in unserer Zusammenarbeit nun gehen möchte.
Cut!
Ich habe nachgesehen, wann denn die Arbeit an diesem
Projekt ("Next Code: Gleisdorf") begonnen hat. Es war Mai 2005. Wovon unter
anderem eine amüsante Email des Bürgermeisters erzählt. (Freitag, 10. Juni 2005 09:15)
Da ich einige Maße der Rathausfassade wissen wollte, die man auf Plänen nicht fand.
Worauf ich dem Bauamt vorschlug, wir könnten uns zur Messung aus dem Fenster hängen, was
in unserem Sprachgebrauch ja recht zweideutig klingt:
>>Na bitte, wer sagts denn ....
Passts bloß auf beim Abmessen, wenn ihr euch aus dem Fenster hängts!!
LG / Christoph<<
Cut!
Noch ein "Küchengespräch" während dieser
Woche, hier in meiner eigenen Küche. Mit Anton Lederer, dem Vorsitzenden des "forum stadtpark".
Was uns, neben der Erörterung kultureller
Hintergrundfolien, die wir vom Bürgertum des 19. Jahrhunderts bezogen haben, und einigen
zeitgemäßen Optionen des Kunstschaffens, was uns also dann ebenfalls zu einer Station im Zentrum Gleisdorfs
führte. Allerdings ohne daß Lederer eine Verhaftung befürchtet hätte.
Wozu anzumerken wäre, daß Lederer aus langjähriger
Praxis der Kunstpräsentation <rotor>,
auch im öffentlichen Raum, mit wesentlich kniffligeren Situationen vertraut ist.
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