Die
Steyr Daimler Puch AG, von der das Puch-Schammerl realisiert
wurde, entstand aus einer Fusion dreier Firmen:
a) Die Steyr-Werke AG, der eine von Leopold Werndl gegründete Gewehr-Produktion
voranging, aus der sein Sohn Josef die Österreichische
Waffenfabriksgesellschaft formierte. (Siehe auch Puch-Seite #54!)
b) Die Austro-Daimler AG, die zu ihrer Gründung als "Österreichische Daimler
Motoren Commanditgesellschaft Bierenz Fischer u. Co" eine Tochter des Stammhauses in
Cannstatt war. (Siehe auch Puch-Seite #55!)
c) Die Puch-Werke AG., von Johann (Janez) Puch gegründet und in jenem
Einser-Werk in Graz etabliert, auf dessen Terrain sich momentan das Johann Puch-Museum befindet.
(Siehe auch Puch-Seite #53!)
Austro-Daimler und die Puchwerke hatten 1928 fusioniert, dieser Verband ging 1934 mit
den Steyr-Werken zusammen.
Das "Pucherl" hat seine Gestalt vom italienischen Fiat nuova 500 bezogen. Der ist, vom Fiat 600 geprägt, zu seiner Zeit ein
ultimativer Schitt Richtung Kleinwagen gewesen, quasi am räumlichen Limit dessen, was
noch als "Kraftwagen" gelten mag.
Einen weiteren Schritt dahinter fuhren "Microcars",
"Knutschkugeln", "Cyclecars", also wesentlich Zweisitzer mit
Motorrad-Motoren; darunter so manche sehr abenteuerliche Konstruktion.
Ich habe anfangs noch nicht ganz verstanden, was das Wesentliche des Fiat-Anteiles ist.
In Graz-Thondorf hatte das Budget gefehlt, eine eigene Karosserie für den kommenden
Kleinwagen zu entwickeln. Zugleich bestand bei Steyr ein Assembling-Vertrag mit den
Turinern, man war dort Generalimporteur für Fiat.
Nach verschiedenen Quellen ist der 500er ein zweiter Schritt der Reduktion, den man mit
dem ersten Schritt, dem 600er, noch nicht ausreichend geschafft hatte. Dabei ging es nicht
nur um eine physische, sondern auch ökonomische Verknappung , die ein allgemein
leistbares Mehrzweckauto erbringen sollte, durch das sich der "Topolino" ablösen ließe.
Dieser Zwischenschritt über den 600er deutet schon an, wie knifflig es war, Layout und
Design so weit herunter zu holen, daß ein preisgünstiges Massenfahrzeug herauskam,
welches technisch, funktionell, wirtschaftlich und im Aussehen ein Erfolg werden konnte.
Eben kein Gutbrod, Kleinschnittger, keine Isetta. Man darf sich den 500er ja
nicht als "geschrumpften" 600er denken. Beim Ringen um Zentimeter verändert
sich das gesamte Gefüge eioner Konstruktion. Beide waren technologisch ein neues
Statement gegenüber der Vorkriegskonstruktion des "Topolino".
Der lief auf einem Leiterrahmen mit wassergekühltem Frontmotor, Kardanwelle und
Heckantrieb über eine Starrachse. Das "Häusel" mit seinen ausgestellten
Kotflügeln war draufgescharubt. Seine Nachfolger hatten selbsttragende Karosserien,
Einzelradaufhängungen, luftgekühlte Heckmotoren mit Heckantrieb.
Diese Konstruktions- und Designleistung des Teams rund um Dante Giacosa war also eine
ganz nennenswerte Grundlage für die Popularität des "Puch-Schammerls". Dazu
kam allerdings eine ebenso bemerkenswerte Leistung des Teams rund um Erich Ledwinka.
Das "Pucherl" verbindet in sich Ideen, Hintergründe und Vorgeschichten, die
tief in zentrale Gebiete der Historie des Automobils ganz generell führen. Davon wird
hier noch zu erzählen sein. Es repräsentiert überdies ein Stück österreichischer
Sozialgeschichte und weiters internationaler Motorsport-Geschichte.
Die eingangs erwähnte Fusion zur Steyr Daimler Puch AG ist der Angelpunkt
dieser Aspekte, hat aber auch erheblich Konsequenzen, die in der gegenwärtigen
Automobilwelt darstellbar sind. Bis hin zu Kuriosa, wie dem Prototypen "MILA" von "Magna Steyr".
Es wird hier also auch einige interessante "Nebenlinien" dieser Geschichte zu
schildern geben.