martin krusches [flame] logbuch / blatt #95


Alte Meister

22. Jänner 2016: Buchpräsentation
Walter Ulreich und Wolfgang Wehap
"Die Geschichte der Puch-Fahrräder“

Jahrzehnte des Problemlösens in sich verfeinernder Handfertigkeit. Einfallsreichtum. Die Pflege eines kompetenten Netzwerkes, denn viel vom nötigen Wissen ist nicht dokumentiert, sondern lebt in erfahrenen Akteuren. Wer bloß eine große Klappe hat, hält sich in diesen Kreisen nicht, Angeberei stiehlt anderen nur die Zeit. Man kann, was man sagt und man sagt, was man kann. So einfach ist das.

Da sind ein paar Aspekte dessen, was ich im Umgang mit den alten Meistern kennengelernt habe. Dazu kommt etwas, das mir selbst eher fremd ist. Diese Mischung aus Hingabe und Geduld, wie sie manches Problem verlangt, wo eine schon geklärte Lösung materiell umgesetzt werden soll oder noch gar nicht greifbar wurde.

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Zwei Handwerker und Sammler: Franz Tantscher (links) und Fredi Thaler

Ich meine hier etwa die Arbeit an Vorkriegsfahrzeugen. Wenn Franz Tantscher laut darüber nachdenkt, ob er den Motor der Puch Voiturette noch einmal anwerfen soll, weil er zuletzt Vibrationen zeigte, die ihm mißfallen, oder ob er noch einige Zeit nachdenken will, welches Problem in dem Werkel stecken könnte, dann zeigt mir das eine Kombination von Abstraktionsvermögen, Geduld und Neugier, die mich überstrapazieren würde, wäre ich dazu gefordert.

Kleiner Einschub: Hier ein Blatt, das Tantscher mit Karlheinz Scherhag zeigt, als mir erstmals klar wurde, daß die 1906er Voiturette keinen V2-Motor hat, wie es in allen mir bekannten Publikationen steht, sondern einen Reihenzweizylinder. Und der ist, wie mir Tantscher nun bei der Buchpräsentation erzählt hat, von einem Puch Vierzylinder abgeleitet, also das Zylinder-Paar übernommen und damals mit einem neuen Block versehen: [link]

Aber auch jüngere Fahrzeuge erzwingen solche Fertigkeiten, wie ich das etwa am historischen Renn-Haflinger von Weingartmann gesehen hab, an dem Fredi Thaler mit Manfred Haslinger nun schon eine Weile arbeitet, um das Fahrzeug wieder einsatzfähig zu machen: [link]

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Zwei Handwerker und Sammler: Sepp Schnalzer (links) und Max Reder

Es gibt selbstverständlich keine Protokolle, wie Weingartmann einst dies und das gelöst hat, da diese Fuhre einen der raren Puch Vierzylinder Boxer im Heck hat, der ursprünglich über hundert PS lieferte und den Wagen auf der Autobahn nahe an die 150 Km/h bringen konnte, was etwas furchterregend ist.

Die Handwerker haben alle ihren Siebziger schon hinter sich, was mich aus Neugier fragen ließ, ob man denn noch ein bestimmtes Wunschprojekt habe, wo man doch schon so viel gesehen und gemacht hat. "Gibt es etwas, das du noch gerne hinbekommen würdest?"

Selbstverständlich! Thaler erzählte mir von der bevorstehenden Arbeit an einem Auto, das als verschollen gilt, allerdings unter der Auflage, noch nicht auszuplaudern, was das sei. Tantscher ist schlechter dran. Er weiß zwar, was er gerne machen würde, aber "es ist halt nicht verfügbar".

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Von links: Friedrich Spekner, Gründer der Designabteilung im historischen Werk,
Handwerker Sepp Schnalzer und Autor Wolfgang Wehap

So erfuhr ich von einer weiteren Puch Voiturette, die fast vollständig sein soll, allerdings in Teilen. Das Problem dabei ist erstens der astronomische Marktwert und zweitens der nötige Zeitaufwand, um fehlende Teile zu ersetzen, denn solche Suche dauert oft nicht bloß Jahre, sondern Jahrzehnte.

Durch diese Schilderung ist nun meine Kenntnis von real existierenden Puch Voiturettes auf opulente drei angestiegen. Eine spezielle und noch unerfüllte Mission hat auch Sepp Schnalzer vor sich. In der Frühzeit des Niederrades gab es ab und zu Beiwagen mit geflochtenen Korbstühlen. Nicht zu kriegen...

Genau so ein Gespann will er aber finden, während er an einem Fahrrad mit entzückendem, kleinem V2-Hilfsmotor arbeitet, das ich noch nicht fotografieren durfte, weil der Sepp nicht duldet, daß Fotos halbfertiger Projekte kursieren, die den Eindruck erwecken könnte, er habe schlapmig gearbeitet. Alles klar?

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