martin krusches [flame] logbuch / blatt #73Von der Draisine zum Knochenrüttler Ich setze als sattsam bekannt voraus, daß Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn in unseren Geschichtsbüchern als "Erfinder des Fahrrades" vermerkt ist, als der Mann, dem wir das "Zweiradprinzip" verdanken. Ich kauf das so nicht, denn damit haben sicher viele Leute herumexperimentiert. Aber in der Historiographie zählt eine solide Quellenlage. Im Jahr 1818 wurden ein deutsches und ein französisches Patent für dieses Maschinchen dingfest. Paßt! Ich hab hier schon die zeitgenössische Spielzeugvariante gezeigt: [link] Mehr mag ich von Drais jetzt gar nicht erzählen, weil ich zur Ansicht neige, daß sein Maß an Genialität überschaubar bleibt. Das Titelblatt des "Mechanic's Magazine" No. 477 vom Samstag, dem 29. September 1832, zeigt uns das Drais'sche Velociped. Eine aufwendige Holzkonstruktion mit Sattel und Armstützen. Das Vorderrad ist allerdings starr montiert, also nicht lenkbar. Im Jahr 1898 läßt sich die erste Phase der Fahrradentwicklung sehr fein im "The Modern Bicycle and it's Accessories" nachlesen. Dieses "A complete Reference Book for Rider, Dealer and Maker" erschien in New York. Darin ist die dargestellte Draisine formal schon sehr in der Nähe der kommenden "Michauline" und die Stutzer schmeißen ihre Beine offenbar mühelos, dürften schon so manche Stiefelsohle durchgehampelt haben. So eine "Michauline", ein Tretkurbel-Rad a la Michaux, sieht man dann auf der folgenden Seite des Handbuchs. Dessen Ähnlichkeit mit dem Exponat in Max Reders Kollektion ist offensichtlich: [link] Das genannte Buch, verfaßt von Alexander Schwalbach und Julius Wilcox, ist explizit der technischen Entwicklung zwischen 1816 und 1898 gewidmet. Darin wird der Mann auf der Grafik mit dem Boneshaker näher vorgestellt. Das ist John Mayall (Ha! Den gleichnamigen Blues-Vetarn höre ich gerne.), der einen "first road record" eingefahren haben soll. Er schaffte im Februar 1869 die 53 Meilen zwischen London und Brighton in einem Tag. Auf heutigen Straßen wären das rund 64 Meilen, für die ich mit dem Auto laut Google zwei Stunden brauchen, zu Fuß 17 Stunden und 15 Minuten; naja, ich sicher länger. Das waren also ziemlich gesattelte Sportsmen, die Richtung Highwheelers und Safeties strampelten. Es gab damals ja keine glatten Fahrbahnen, wie wir sie heute für selbstverständlich halten. [Fahrradgeschichte] |