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Listenmanie


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Pollys Auslassungen, im Lesezimmer (im Erdgescho�)
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Von
Wolfgang Pollanz


 

Wer kennt sie nicht, die ber�hmte Frage nach den drei B�chern, den drei Platten, den drei oder f�nf oder zehn Was-Immer f�r die einsame Insel. Mehr oder minder ber�hmte Zeitgenossen hat man daraufhin schon befragt und von ihnen mehr oder minder gescheite Antworten bekommen. Das Erstellen von Listen scheint eine Manie zu sein, die besonders jetzt, kurz vor dem Millenium-Sprung, �berzuborden scheint. (Dazu gleich meine erste Liste: Drei W�rter, die wir zur Zeit nicht mehr h�ren k�nnen: Millenium, Sondierungsgespr�che, Vanillekipferl). Allerorts werden nicht nur Listen aufgestellt, sondern, und das teilweise schon ziemlich lange, Hitparaden des Jahrhunderts ver�ffentlicht, nat�rlich nach Publikumsbefragungen. Kein Wunder also, dass in England die Beatles die einflussreichsten Musiker des Jahrtausends wurden, die kennt schlie�lich sogar in �sterreich fast ein jeder. Mozart landete abgeschlagen hinter der Popmusik, und es ist fraglich, ob nach einer Publikumsbefragung in heimischen Gefilden Mozart oder Hansi Hinterseer das Rennen gemacht h�tte. Ein hiesiger Nervens�gesender fragt sein H�rer zur Zeit �brigens nach dem gr��ten Hit des Jahrhunderts. O-Ton: "Hier spricht der Marco F�rnschuss aus Obersauerbrunn und mein Lieblingshit ist Stayin’ Alive von die Bee Gees". Und schon kann man den frohgelaunte Titel h�ren. (Meine Liste dazu: Die drei gr��ten Eierg�nger der Popmusik: Phil Collins, Elton John und Phil Collins). Dass die Meinungen von Experten wie z.B. Musikjournalisten und Musikern mit denen des Publikums meistens nicht konform gehen, wei� man ja, im Zeitalter der Talkshows, in der sich jeder f�r f�nf Minuten zum Experten erkl�ren kann, wird das von den Medien selbst verschuldete Mittelma� allerdings langsam zur Norm.

Nat�rlich gibt es l�ngst jede Menge Literatur zum Thema: Verwiesen sei da ganz besonders auf "Die sexuellen Vorlieben der Kohlmeisen – Listen, die die Welt erkl�ren" von Metes und Rubinowitz, einem genialen kleinen Buch, in dem sich Aufstellungen wie "Derricks 10 schwerste F�lle", "Sechs legendenumwitterte Zahnb�rsten" oder "Siebzehn Bemerkungen, die sich ein Zahnarzt w�hrend der Behandlung eher sparen sollte" finden. Ein Buch, in dem Listen eine nicht unwesentliche Rolle spielen, ist "High Fidelity" von Nick Hornby. Der Roman beginnt mit den "ewigen Top Five meiner unvergesslichsten Trennungen f�r die einsame Insel in chronologischer Reihenfolge". Der Held der Geschichte, der Plattenladenbesitzer Rob Fleming, diskutiert mit seinen Freunden und Mitarbeitern Listen wie "die f�nf besten ersten St�cke auf der ersten LP-Seite" oder "meine f�nf besten Traumjobs". �berhaupt scheint das Erstellen von Listen ein Produkt der Popkultur zu sein, in der Hitparaden keine unwesentliche Rolle gespielt haben und noch immer spielen. Und, seien wir ehrlich, selbst im reiferen Alter schielen wir noch immer nach solchen Tabellen, auch wenn man meist vorgibt, man lasse sich davon nicht beeinflussen. Man will ja, wenn man solche Listen liest (und man kann ihnen einfach nicht entgehen), auch einmal in eine CD des Jahres, von wem auch immer gek�rt, in ein Buch des Jahrzehnts oder einen Roman des Jahrhunderts hineinh�ren bzw. hineinlesen. L�sst man sich nicht st�ndig von solchen Bestseller-Listen beieindrucken und richtet man nicht immer wieder sein Kaufverhalten danach aus?

M�glicherweise werden wir ja demn�chst von weiteren Listen begl�ckt. Hier einige denkbare Beispiele: Die drei wichtigsten Unarten �sterreichischer M�nner: H�nde nach Pissoirbesuch nicht waschen; Handy am G�rtel tragen; wie Hermann Mayer sein wollen. Die drei gr��ten Schw�chen �sterreichischer Intellektueller: den Namen des Schistars Hermann Meier nicht richtig schreiben k�nnen; behaupten, man habe kein Interesse an Listen; Hermann Maier f�r einen naiven Gro�en halten. Oder die drei wichtigsten �sterreichischen Entertainer: Barbara Karlich, Vera Russwurm, Franz-Josef Hartlauer. Und die f�nf meistgelesenen AutorInnen �sterreichs: Kr�uterpfarrer Weidinger, Wolf Martin, Dr.Alfons Bleich (Autor des Beipackzettels der Aspirin C-Brause), Edith Klinger, Chris Lohner. Drei �sterreicher, die ein Vorbild f�r andere �sterreicher sind: Patrick Ortlieb, mein Nachbar (kann Hermann Maier richtig schreiben), Robert Hochner (kann den Namen Hermann Maier manchmal richtig aussprechen). Und was sind schlussendlich die drei verzichtbarsten Dinge der n�chsten drei Wochen und dar�ber hinaus: Ich tippe auf Anisb�gerl, Listen und Glossen �ber Listen.

Wolfgang Pollanz

 

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