ak3: beiträge
[15/2000]


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Boris Buden
"Der Ärger mit der Zivilgesellschaft..."

 

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[I17] Der Saat soll ebensowenig als Agent des Public Access auftreten ...

Der Ärger mit der Zivilgesellschaft ist am wenigsten auf den ambivalenten Charakter des Begriffes zurückzuführen. Dieser ist sowohl praktisch als auch theoretisch schon längst bekannt. Der Scheidepunkt dabei ist offensichtlich der Glaube an die selbstregulative Kapazität der Gesellschaft. Entweder glaubt man, daß sich Menschen untereinander über ein gemeinsames Leben einigen können, oder man bezweifelt diese Selbstorganisation und sucht einen starken Vermittler in der Gestalt des Staates.

Daß Zivilgesellschaft für unterschiedliche, oft entgegengesetzte politische und ideologische Zwecke mobilisiert werden kann, wurde schon bei Gramsci ausreichend hervorgehoben. Einige Theoretiker, wie z.B. Immanuel Castell glauben sogar nicht mehr an die Existenz der Zivilgesellschaft. Er sieht sie schon längst in der sogenannten network society aufgelöst. Das aber, diese Ambivalenz und Umstrittenheit des Begriffs ist, wie gesagt, am wenigsten unser Problem.

Dieses liegt vielmehr in der Tatsache, daß der Begriff der Zivilgesellschaft politisch und ideologisch schon hegemonial besetzt ist. Und zwar nicht hierzulande von irgendeinem österreichischen Politiker wie z.B. von Andreas Khol, welcher aus dem zivilgesellschaftlichem Material unter dem Titel Bürgergesellschaft, eine lokale Ideologie bastelt.

Es ist vielmehr die globale politische und ideologische Szene, auf welcher Zivilgesellschaft nicht nur als ein mainstream Begriff, sondern gleich als eine neue Supermacht auftritt und wo sie ihre volle Kraft und Wirkung entfaltet.

Ein Beispiel: Kofi Annan, der UNO Generalsekretär, hat vor kurzem auf eine neue Qualität im Verhältnis der Vereinten Nationen zur Zivilgesellschaft aufmerksam gemacht. Es sei die Entwicklung moderner Informationstechnologie, meinte er, die der Zivilgesellschaft ermögliche, eine auf der globalen Ebene entscheidende politische Rolle zu spielen: "... Information technology has empowered civil society to be the true guardians of democracy and good governance everywhere. Oppressors cannot hide inside their borders any longer. A strong civil society, bound together across all borders with the help of modern communications, will not let them. In a sense, it has become the new superpower - the peoples determined to promote better standards of life in larger freedom." Damit wird die politische Funktion der Zivilgesellschaft klar und eindeutig bestimmt: Sie überwacht den schon erreichten politischen Status quo und verspricht, gesellschaftliche Konflikte unter Kontrolle zu haben. Die Macht der Zivilgesellschaft ist eine Kontrollmacht, sie ist der Wachtturm realexistierender Demokratie und zwar auf der globalen Ebene.

Die Frage, die sich von selbst aufdrängt, heißt: für wen, in wessen Augen, oder noch konkreter - im wessen Auftrag soll Zivilgesellschaft als eine Art Weltpolizist auftreten und mit den globalen Lumpen aufräumen? Wer ist ihr Befehlshaber?

Natürlich, der einzige im Haus gebliebene Herr - der globale Kapitalismus und seine auf der Welt momentan alleinherrschende neoliberale Ideologie. Zivilgesellschaft ist heute an erster Stelle ihr globaler Kampfbegriff.

Eine kurze Entstehungsgeschichte der globalen Zivilgesellschaft lautet ungefähr so: "Die wichtigsten Institutionen der Zivilgesellschaft waren während ihrer Entstehung im 18. und 19. sowie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts national ausgerichtet. (...) In ihrer Form ähnelte die Zivilgesellschaft der Form des Nationalstaates. (...) Im Verlauf des Kalten Krieges haben sich Staat und Zivilgesellschaft im Westen enorm verändert. Die militärischen, wirtschaftlichen und ideologischen Kräfte internationalisierten sich in ungeheurem Maße. Die westlichen Staaten begannen, sich auf gemeinsame Strukturen beim Gewaltmonopol und bei der Wirtschaftspolitik zu einigen. So schufen sie die Voraussetzungen für die massiven Umwälzungen wirtschaftlicher und kultureller Globalisierung. (...) Unter diesen Umständen erlebte die überkommene nationale Zivilgesellschaft einen Niedergang.

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Dies ist ein Textauszug!
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Dieser Beitrag wird in der Dokumentation zur Konferenz sektor3/kultur. von der IG Kultur Österreich erscheinen.


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