September 2000

Walter Grond: "Old Danube House"   languages: french

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Der Familienwohnsitz der Sahlis, das "Old Danube House", nun zerstört und nur noch eine rußgeschwärzte Ruine, wird zum Symbol nicht nur der untergegangenen Donau-Monarchie, sondern auch für den Zerfall der staatlichen und moralischen Ordnung im Balkan des letzten Jahrzehnts. Hier sind Walter Grond die besten Szenen gelungen, wenn er den Fatalismus, die Wut und doch auch die ethnischen Vorurteile der zurück gebliebenen oder zurück gekehrten Bosnier beschreibt. Ohne anklagend-beckmesserischen Zeigefinger schildert Grond nüchtern die Realität, die auch ohne Wertung bedrückend und ausweglos genug ist. Die Menschen leben nur dem Augenblick, Beziehungen kommen und gehen, und der Kommentar über Enttäuschungen und menschliche Brüche beschränkt sich auf ein "ist egal". Wer sich den Panzer der absoluten Gleichgültigkeit überstreift, kann nicht mehr verletzt werden. Die inneren Verwundungen sind zu harten Narben geworden, und nach außen zeigt man einen vordergründigen Gleichmut, der das Überleben ermöglicht. Walter Grond beschreibt ein vom Westen vergessenes, ja nahezu aufgegebenes Volk, das sich selbst als "Schlachtvieh des Abendlandes" begreift.

Die einzige Schwäche dieses über lange Strecken eindrucksvollen Buches liegt in dem versöhnlichen Ende: das Ehepaar findet sich wieder auf einer Vernunftbasis, Nichol kündigt seine ihm immer fragwürdiger scheinenden Professur im Bereich der Quantencomputer, kurz ein Ende voller fauler Kompromisse und unklarer Zukunftsaussichten

Sehr viel Mühe hat sich Walter Grond mit dem technologischen Hintergrund aus Internet, Linux und Hackern gemacht und liegt dabei durchweg richtig. Der Ton ist gut getroffen, vor wohlfeiler Technik-Kritik, das Lieblingskind vieler Geisteswissenschaftler, hütet er sich, und die technischen Beschreibungen stimmen, wenn auch eine "Sun ULtra 2" nun wahrlich kein "mächtiger Großrechner" ist, wie  einmal behauptet wird. Aber das sind Kleinigkeiten, über die man hinwegsieht. Der geradlinige, unprätenziöse Stil macht die Lektüre einfach und spannend zugleich.

Das Buch ist unter der ISBN 3-85218-335-9 im Haymon-Verlag, Innsbruck, erschienen und umfasst 280 Seiten.

 

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