September 2000 | Walter Grond: languages: french english"Old Danube House"Roman über eine moderne Identitätskrise |
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Weiter | Der Wiener Professor
Johan Nichol, Experte für Quantencomputer an der TU Wien, führt ein typisch
akademisch-bürgerliches Leben - junge attraktive Frau, keine Kinder. Im Internet wird er
auf den seltsamen bosnischen "Guru" Sahli aufmerksam, der das Perpetuum Mobile
erfunden haben will und hieraus sogar eine Art Weltreligion ableiten will. Aber erst der
merkwürdige Selbstmord dieses Außenseiters richtet Nichols Interesse auf die
Randbereiche der Wissenschaft und darüber hinaus. Skeptisch und wissenschaftlich
nüchtern, doch zunehmend fasziniert von dieser Gegenwelt nicht wissenschaftlich
begründeter Theorien, beginnt er, auch das Fragwürdige und scheinbar Lächerliche ernst
zu nehmen. Dabei entfernt er sich langsam aber stetig von seiner gewohnten Umwelt und
wendet sich dabei mehr einem jungen Informatik-Studenten zu, der die typischen
Eigenschaften einer von der Technologie besessenen Generation aufweist. Für den Studenten
Hofer stellt der Rechner sein zweites Ich dar, er verachtet Microsoft und schwört auf
Linux, kennt sich im Internet und dessen hintersten, bisweilen schmutzigen Ecken aus und
pflegt den kryptischen und doch "coolen" Jargon der Web-Jünger. Nichol, der anfangs Hofer eher als enfant terrible betrachtet hat, studiert ihn aus einer verunsicherten Position heraus und versucht, diese Generation zu verstehen. Er folgt ihnen auf heiße Techno-Feste in heruntergekommenen Fabrikgebäuden, lernt auch den abgeschmackten Underground kennen und lässt schließlich seine der Esoterik anheim gefallene Frau freiwillig zu ihren "Wurzeln " nach Ägypten ziehen. Sein Weg führt ihn in die bosnische Heimat des Sonderlings Sahli, und dort sucht er nach dessen Verwandten und Wurzeln. |
Von nun an mutiert das Buch zu einer engagierten Berichterstattung aus einem zerstörten Land, jedoch immer mit einem transzendenten Unterton. Auch wenn er sich bald mit einer entfernten Verwandten von Sahli einlässt, steht er immer in einer selbst ihm unerklärlichen Distanz zu dem Geschehen. Wie Leopold Bloom stolpert er durch eine Welt voller Assoziationen aber ohne Erklärung. Die bohrende Frage aus einem Hemingway-Roman, wie man sich das Leben einrichten solle, drängt sich ihm angesichts der traumatischen bosnischen Verhältnisse und der apathischen Bevölkerung immer stärker auf. |
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