laufende Akte | [house] über die fremde und die peripherie |
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Friedrich
Achleitner Das
europäische Haus (Teil 1) Konfrontiert man einen oder gar eine Versammlung von Architekten mit dem Begriff "das Europäische Haus", so ist gewissermaßen ein Desaster vorprogrammiert. Vielleicht ist es kein Zufall, daß sich in der letzten Zeit immer mehr die Politik architektonischer Metaphern bedient: da wird eben allerorten am "gemeinsamen Haus Europa" gebastelt, es gibt Architekten der Nahost-, der Südost- oder Nord-Süd-Politik; unlängst fand ich sogar das Wort "europäische Sicherheitsarchitektur" in einer Tageszeitung. Während der hinlänglich abgenutzte und geschändete Begriff der Struktur noch Illusion von Präzision, Solidität oder Flexibilität erwecken konnte und für den Benutzer den Schein analytischen Denkens verstrahlte, vollzieht nun der Architekturbegriff einen qualitativen Sprung zum Ganzheitlichen und verleiht den Glanz komplexer Weltsicht. Das Ganzheitliche ist wieder im Vormarsch und die Architektur sieht - wenigstens in den Köpfen der Politiker - wieder besseren Zeiten entgegen. Ich gebe zu, die architektonischen Metaphern sind versöhnlicher, ungenauer, harmloser, und so ein gemeinsames Haus vermag schon allerhand Heimeligkeit zu vermitteln. Ich hege den Verdacht, daß dieses Bild zuerst von einem Außenstehenden, sich Draußenfühlenden gebraucht wurde, denn so wirklich schön kann ja ein solches Haus nur von außen sein. Ich weiß nicht, wieso mir dabei ein geräumiges Bauernhaus einfällt, mit einer Gutstube (in die nur Verwandte an Feiertagen hineindürfen), mit einigen Schlafkammern, Wirtschafts- und Kellerräumen, Stall, Scheune und geräumigen Dach- und Heuböden. Wo sich die Bauersfamilie aufhält, ist klar, wo das Gesinde schläft auch. Und die Taglöhner, Bettler, Hausierer und Landstreicher werden, wenn es zu bunt wird, ohnehin aus den Heuböden verjagt. Oder stellen Sie sich unter dem europäischen Haus einen modernen Wohnblock vor, mit lauter gleich großen Wohnungen, alle nach Süden orientiert usw. Übrigens: Auch die Architekten sind großzügig im Umgang mit der Sprache, sie vermögen ihre Räume in alle Himmelsrichtungen zu orientieren. Mir fällt also zum Thema "Europäisches Haus" nicht mehr ein, als daß es sich um ein höchst anfechtbares, unbrauchbares Bild handelt. Natürlich steckt in dieser metaphorischen Schlamperei auch ein Quäntchen Herausforderung, es liegt vermutlich in der Frage, was die Architektur überhaupt für Europa zu tun vermag, ob sie vielleicht eine Art von nonverbaler Kommunikationsebene abgeben könnte, ein kulturelles Beziehungsnetz in der brisanten Dialektik von Normierung und Differenzierung, auf einem neuen Terrain von Wünschen und Begierden. Da aber die Architekten noch immer dazu neigen, ihr Metier zu überschätzen, also von der Architektur Leistungen erwarten, die sie nie zu erbringen vermag - ich erinnere Sie an die Rollen, die sie in der Verbesserung der Menschheit als moralisches Erziehungsinstrument oder als revolutionäres Werkzeug der Gesellschaftsveränderung schon spielen sollte -, erlaube ich mir ein paar einschränkende Bemerkungen zum Thema Architektur, die vielleicht nur wegen ihrer Tendenz Aufmerksamkeit verdienen: [...] [Textauszug! Volltext hier als rtf-File downloadbar.] |
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