martin krusche | transit zone | konferenz in permanenz

juergen kapeller: intro: "transit zone"

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Transit Zone ...

... Symbol für einen freien nicht durch Regeln verunstalteten Bereich, in dem ständig Übergänge stattfinden
+) Gedankenaustausch
+) Wechselspiel von Ideen und Konzepten
+) Auseinandersetzungen
+) Konfrontation verschiedener Anschauungen und Herangehensweisen
+) Kein Schmelztiegel in dem alles zum Einheitsbrei wird sondern eben eine Durchgangszone in der Inspirationen, interessante Ideen, fruchtbare Kontakte, etc. hängen bleiben
+) Etwas wo interdisziplinäre Interaktion stattfindet
+) Ein barrierefreier Raum in dem niemand die Claims absteckt

Die Trasit Zone ist damit logischerweise ein öffentlicher Raum, eine generelle, globale Einladung an Interessierte,
+) einzutreten
+) mitzumachen
+) gemeinsam Tragfähiges zu entwerfen / umzusetzen
Und weil unsere Aktivitäten vom Internet ausgingen, weil das Internet per se schon mehrere Kommunikationsformen in sich vereinigt, ist die Transit Zone ein mit Netzkultur durchdrungener öffentlicher Raum. Oder eben auch ein öffentlicher Raum im Netz, der als Schnittstelle (Interface) fungiert – wie man das halt gerade lieber sieht …
Mit den Funktionen als
+) Interface in traditionelle Kunsträume
+) Interface zu spannenden Leuten – und davon haben wir hier heute ein schönes Sample ...

Vor den einzelnen Beiträgen dieses Abends aber noch ein kurzer Ausflug zum Titel

KULISSEN DES ERINNERNS

Es geht u.a. darum, dass Dinge im Rückspiegel immer anders aussehen, als wenn man mitten drin steckt. Größere Zusammenhänge, Einflüsse verschiedenster Art erkennt man oft erst im Nachhinein. Zugegeben, eine triviale Feststellung. Aber mal ehrlich, wer weiß schon zu jeder Zeit, in welchem Orchester welche Rollen wie besetzt sind? Wie viele Freunde und Allianzen der Vergangenheit sind in Feindschaften umgeschlagen.
Auch: wie viele Vorbehalte sind ausgeräumt worden, wie viele Distanzen überbrückt. Es ist eines der Ziele unserer Transit Zone, Brücken zu schlagen. Erinnern schafft sehr oft das nötige Verständnis ... Erinnern hat auch meist einen sehr klaren anderen Zweck: Eine Idee zu bekommen, wie es weitergehen soll oder kann.

What are the lessons learned?
Welche Zukunft erwartet uns in der Netzkultur und Netzkunst? Wir haben einige Jahre lustloses aber auch vereinzelt engagiertes Probieren und Experimentieren beobachten dürfen. Wir haben uns mit dem Phänomen konfrontiert gesehen, dass die künstlerische Praxis der Netzkunst die hohen Förderungsquoten für teures und nach einem Jahr bereits veraltetes Equipment faktisch als Fehlinvestition erscheinen ließ. Dem zufolge wurde die Strategie der Förderungswerber auch immer politischer und inhaltsloser. Politisch ist für künstlerische Innovationen derzeit wenig Geld und noch weniger Wille vorhanden.
Man hat sich – was Netzkunst anbelangt – einfach keinen guten Stand erarbeiten können, weder in der Öffentlichkeit, beim Publikum, noch bei der Politik. „Die Szene“ hat es nicht geschafft, eine gute Verhandlungspositionen einzunehmen.
Und man sieht das Resultat überall:
+) mur.at hat vor einem Jahr bereits publik gemacht, pleite zu sein. Mittlerweile schweigt man dort eher.
+) public netbase T0 muss 60% Förderungskürzung hinnehmen.
+) local task war innerhalb Graz 2003 das meist ignorierte Projekt – bestenfalls 1,2 Teilprojekte sind zumindest namentlich heute noch in Erinnerung geblieben.

Darüber hinaus war die Dotierung für local task dermaßen beschämend und Netzkunst im Großprojekt Graz 2003: Kulturhauptstadt Europas so gut wie gar nicht präsent; was für DAS Medium der Zukunft wohl ein trauriges Zeichen ist ...

Woher kommt das? What is the lesson really learned?
Mein persönlicher Favorit unter den “Schuldfaktoren” des Dilemmas ist eine Art Unverträglichkeit zwischen altem und vernetztem Kunst-/Kulturverständnis. Netzkultur ist nun mal Kommunikation, ist Miteinander, ist Teamarbeit, ist Community, ist persönliche Stärken für andere einsetzen.
Das steht konträr zu dem erlernten Künstlerbild, welches (vereinfacht gesagt) die geniale Einzelleistung als Idealbild künstlerischer Identität propagiert.
Das verträgt sich nicht gut und darum hier die überzeichnet formulierte These:
Die Probleme der Netzkunst sind hausgemacht. Sie resultieren aus einer extrem mangelhaften Nutzung der Möglichkeiten des Netzes und einer stupiden Transformation traditionellen Künstler-Selbstverständnisses in völlig anders funktionierende Kommunikationsräume. Die schlechte Verhandlungsposition hat ihre Ursachen primär
+) im Fehlen künstlerischer Visionen (die zumeist durch technische ersetzt werden),
+) in einem völlig anachronistischen Verständnis, dass es bereits reicht, eine Plattform aufzubauen, an der sich möglichst viele beteiligen und es ist dann bereits Netzkunst (als Sammelband der Einzelleistungen) – was für mich eine Art Paradigmen-Konflikt darstellt,
+) in der Unfähigkeit, wirklich große, für die Öffentlichkeit gut sichtbare, also auch in andere Räume gut verzweigte Projekte zu realisieren, um nicht nur bei wenigen informierten Spezialisten präsent zu sein – denn vor allem Öffentlichkeit schafft kaum ignorierbare Fakten für die Politik ...

Wir hoffen, mit der Transit Zone hier besser zu liegen als vieles in der Vergangenheit und darum heute abend auch ein sehr breites Spektrum ...

[Bild: Joerg Vogeltanz]


21•04


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