the track / da ist ein schweigen in omarska / note #1

Das absolute Maximum an "fremd sein" ergibt sich über die Ausweisung aus der menschlichen Gemeinschaft. Der "Nichtmensch" wird in Etappen produziert. Das ist ein kultureller, politischer, ideologischer Prozeß.

Wo immer Mitmenschen zu „Gegenmenschen" erklärt werden, dauert es nicht lange und es gibt Tote. Wir haben uns vorgemacht, das werde nach Auschwitz in Europa nicht mehr stattfinden können. Wir hätten auf jeden Fall wissen müssen, daß in unseren Zeiten jedem Massaker ein „Krieg der Worte" vorausgeht. Das würde den Umkehrschluß nahelegen, ein Krieg der Worte bereitet den Massakern eine Gasse.

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Omarska ist ein kleiner Ort in Bosnien. Er liegt an einem mächtigen Bergwerkskomplex, dessen ausladendes Terrain vor kurzer Zeit tausende Menschen verschlungen hat. Es war diesen Männern und Frauen ein schwerer Tod bereitet. Hunger, Angst, Folterqualen. Ein ratloses Europa hat dieses wie ähnliche Ereignisse in Bosnien Hercegovina beobachtet, ohne den Tätern in die Arme zu fallen. Aus dem „Nie wieder!" nach Auschwitz ist ein „Schon wieder!" geworden.

Ganz egal, welche Orte und Zeitspannen der Lager wir prüfen, es ist immer der selbe Geist und das umfassende Scheitern eines europäischen Konzeptes von „Nation", das seine dominante Form in ethnischer und kultureller Bestimmung einlöst, statt in einer bloß politischen Auffassung, was eine Nation sei.

Martin Krusche


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