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the track: wood•steel•hay•honey•milk
(Ein Statement zu Kozarac)
Ein Beitrag zu “Close To Nature”
Von Martin Krusche

Das Holz, der Stahl, das Heu, der Honig und die Milch haben ihre eigentümlichen Gerüche und Geschmäcker. Unter der Sommerhitze oder unter einem Gewittersturm verändern sie ihre Zustände und Eigenschaften völlig. Die fest gepackten Holzstäbe, Paraphrase alter Rutenbündel, symbolisieren seit mehr als zwei Jahrtausenden imperiale Verfügungsgewalt über menschliches Leben. Auch alle anderen Materialien dieses Ensembles sind Bestandteiler vieler Mythen und Erzählungen unserer Kultur.

Warum ich das aufgreife, zusammenfasse?

Aus dem großspurigen „Jetzt erst recht!“ von Verdun war das kleinlaute „Nie wieder!“ nach Auschwitz geworden. Das liegt in die Geschichte meiner Großeltern und Eltern eingegraben. Nun kam meine Generation zum Zug. Wir haben aus dem „Nie wieder!“ nach Auschwitz das „Schon wieder!“ von Srebrenica werden lassen.

Es ist die stets gleiche Ereignislage mit den stets gleichen Abläufen. Mitmenschen müssen zu „Gegenmenschen“ stilisiert werden und eine Soldateska will auf das Töten von „Nichtmenschen“ trainiert sein. Daß wir zu den Täterkreisen, die identifiziert werden konnten, realen Abstand haben, ändert nichts an der Mitverantwortung Europas.

Propaganda, Legitimation, Training und die konsequente Abwertung der Opfer. So einfach lassen sich die Grundlagen von Kriegsverbrechen zusammenfassen. Der größere, quasi gesamteuropäische Zusammenhang dieser jüngsten Geschichte: Gewalt bleibt ein zu gutes Geschäft, als daß ganz Europa für Bedingungen gesorgt hätte, die solche Eskalationen blockieren.

Mehr war eigentlich nicht nötig, um die Toten von Vukovar, von Srebrenica, von Omarska, von Kozarac und etlichen anderen Orten mit Schutt, Erde und Sand zu bedecken. Mit Scherben und Trümmern. Mit Schweiß und Holzspänen. Mit Asche und Schmutzwasser. Mit Schweigen. Wir kennen die Namen der Orte nicht, von den Namen der Toten ganz zu schweigen.

Was ich hier zeige, ist kein Mahnen und keine Botschaft. Es ist vor allem Ausdruck meiner Traurigkeit über die Toten, deren Qualen unbeachtet blieben, denen in ihren schwersten Stunden niemand zu Hilfe kam.


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27•10