the track / virtuosen der täuschung / avantourismus / page
#1Das Losziehen, das Gehen über die Strecke ist nicht nur ein
zentrales, sondern DAS zentrale Motiv des gesamten Projektes "the long distance
howl". Es ist zugleich auch Metapher für grundlegende Positionen und die
Bereitschaft zum wiederkehrenden Aufbruch.
In dieser Orientierung war eine der wichtigsten
Inszenierungen das Bespielen des Zuges zwischen Graz und Wien mit einem Symposium: "the locomotion".
Die "rückwärtige Route" über Gleisdorf und Hartberg bot rund fünf Stunden
Zeit für eine Veranstaltung. Ich hab dieses Ereignis damals mit einer Session im "Museumsquartier"
in Wien abgeschlossen.
Emil Gruber hat diese Reise mitgemacht. Er
gehört zu jenem Personenkreis, als der wir damals (augenzwinkernd) den
"Avantourismus" ausgerufen haben.
Emil ist ein erfahrener Reisender und Besitzer
einer "Wunderkammer". Das heißt, sein Durchmessen der Welt schlägt sich in
einer Kollektion nieder, die stetem Wandel unterzogen ist. Eine Kollektion, mit der sich
in verschiedenen Erzählungen soziale, und kulturelle Geschichte, auch Kunstgeschichte
erzählen ließe. Allerdings verweigert sich Emil einem musealen Zugriff, verweigert sich
ordnenden Konzepten im Kielwasser der Großgeschichtsschreibung. Er bleibt lieber auf
Reisen, wechselweise ein Dirigent des Staunens, ein Archäologe in seiner Dachwohnung.
Vier Tage vor der
Eröffnungs-Session mit dem Trio der "Kollektiven Aktionen" (Sabine
Hänsgen, Sergej Letov und Sergey Romasko) aus Moskau, trafen wir uns in seiner
Wunderkammer zu einer avantouristischen Konferenz. Das bedeutet in der Praxis, über einem
vorzüglichen Abendessen und beflügelt von allerhand wohlschmeckenden Weinen,
verschiedene Aspekte unserer nächsten Schritte zu debattieren, deren Hintergründe, deren
Querverbindungen, bei gleichzeitiger Durchsicht von Artefakten, die damit einen
inhaltlichen Zusammenhang ergeben.
Daraus ergibt sich
ein "Reisen auf dem Platz". Es ist ein wenig im Sinne der Vorstellung, die
Virilio als "Rasenden Stillstand" beschrieben hat. Ein auf Medien gestütztes
"Reisen am Ort", besser noch: auf der Stelle, im Gegensatz zu jenem physischen
Reisen, das einen durch die Landschaft bewegt.
Hier Kuratorin Mirjana Peitzler-Selakov und Emil
Gruber am Billard-Tisch. Dieses "Reisen auf der Stelle" ereignet sich
hauptsächlich über Kommunikationsakte und Medien, die aufgegriffenen Artefakte sind
gewissermaßen die Vehikel.
start | home
4010 |