the track / virtuosen der täuschung / aktionen29
M
Die geladenen Zuschauer (30 Personen) gruppierten sich am Rande
eines Feldes auf einem trapezförmigen Platz, dessen Umrisse mit Heu ausgelegt waren. Auf
das Kommando eines der Veranstalter hin verließen die Zuschauer im Abstand von etwa fünf
Minuten nacheinander den Platz und gingen dabei an einem auf der Erde liegenden
Tonbandgerät (1) vorbei. Daraus erklang das Phonogramm einer in Betrieb befindlichen
Metro-Rolltreppe: ein lautes vibrierendes Klirren.
Nachdem die Zuschauer das
Tonbandgerät (1) hinter sich gelassen hatten, gingen sie auf einem Weg, der quer über
das ganze Feld führte, etwa 500 Meter weiter bis zu einem kleinen Tisch. Darauf lagen ein
Fernrohr, ein Flötenmundstück und ein Pappdeckel mit einer Instruktion, der einen Stapel
von Briefumschlägen bedeckte. Unter dem mit violettem Stoff drapiertem Tisch befand sich
ein Tonbandgerät (2), von dem ein dokumentarisches Phonogramm mit Metro-Ansagen wie
Haltestelle Kirovskaja", Vorsicht beim Türenschließen, nächste
Haltestelle Plocad Nogina" o. ä. zu hören war.
Die Instruktion auf der Pappe lautete:
1. Nehmen Sie das Fernglas und
betrachten Sie aufmerksam die an der Ausgangsposition zurückgebliebenen Teilnehmer der
Aktion. (Anmerkung: Durch das Fernglas konnten die Teilnehmer an den Rändern der
Zuschauergruppe, etwas weiter vorne stehend, Panitkov und Monastyrskij sehen. Panitkov
hatte kleine goldene Flügel, Monastyrskij eine kleine silberne Kugel um den Hals hängen,
was vom Platz aus nicht zu sehen war.)
2. Legen Sie das Fernglas zurück
und nehmen Sie die Pappe, auf die diese Instruktion geklebt ist, hoch. Nehmen Sie sich von
den Umschlägen den obersten zur Erinnerung mit. Legen Sie das Textblatt, das auf dem
Umschlag liegt, in ihn hinein. Danach decken Sie die übrigen Umschläge wieder mit der
Pappe zu. (Anmerkung: Jedem dieser mit dem Buchstaben M" markierten und mit
Kollektive Aktionen" unterzeichneten Umschläge war ein Blatt beigelegt, in
dessen Mitte folgende Aufschrift stand:
INDIVIDUELLER BLICK AUS DER FERNE AUF DIE
GOLDENEN FLÜGEL PANITKOVS UND DIE SILBERNE KUGEL MONASTYRSKIJS.
Links und rechts von der Aufschrift waren
emblematische Zeichnungen von Flügeln und einer Kugel angebracht; darüber waren mit
rotem Filzstift kleine Ms geschrieben.)
3. Nehmen Sie das Mundstück und pfeifen Sie so
laut wie möglich in Richtung des nahen Waldes. Wenn Sie ein Antwortsignal hören, legen
Sie das Mundstück wieder an seinen Platz und gehen auf das Antwortsignal zu.
150 Meter weiter entlang des Wegs befand sich
Sergej Letov mit einer Kollektion von Blasinstrumenten (Saxophone, Waldhorn, Kornett, Oboe
usw.) im Wald. Sobald er das Pfeifen vom Tisch hörte, begann er auf einem der Instrumente
zu spielen, und zwar solange, bis der Zuschauer ihn erreichte. Von Letov erhielt der
Zuschauer die mündliche Anweisung, weiter in den Wald hineinzugehen auf die
nächste Klangquelle zu. 80 Meter weiter im Waldinnern befand sich noch ein Tonbandgerät
(3).
Von dort erklang ein dokumentarisches Phonogramm
mit lauten Geräuschen, wie sie in Momenten hoher Fahrgeschwindigkeit in Metrowaggons
entstehen.
In etwa 20 Metern Entfernung von Tonbandgerät
(3) eröffnete sich den Zuschauern der Blick auf eine kleine Lichtung, in deren Mitte
zwischen Bäumen folgende Konstruktion aufgehängt war: ein zwei Meter breites goldenes
Flügelpaar und darunter eine silberne Kugel aus Alufolie mit einem Durchmesser von 1,5
Metern. Unter der Kugel lag in trockenem Gras versteckt das Tonbandgerät.
Als die Zuschauer die Konstruktion und das
Tonbandgerät (3) erreichten, wurde ihnen eine Zeichnung mit einer Kugel und Flügeln
ausgehändigt. In der Mitte war mit rotem Filzstift der Buchstabe M"
geschrieben. Auf den Rändern des Blattes stand die Aufschrift:
ALLGEMEINER BLICK AUS DER NÄHE AUF DIE GOLDENEN
FLÜGEL UND DIE SILBERNE KUGEL DER KOLLEKTIVEN AKTIONEN. Danach erhielten die Zuschauer
eine Mappe aus gelbem Samtpapier, auf deren Umschlag das Emblem Goldene
Flügel" angebracht war; in der Mappe befand sich ein Schema von der Klangtopographie
der Aktion und ihre Faktographie.
Während die Zuschauer an der Konstruktion vorbei
weiter in den Wald hineingingen, konnten sie durch den gewaltigen Lärm des dritten
Tonbands hindurch nur mit Mühe Geigenklänge vernehmen, die aus der Tiefe des Waldes
kamen. Als sie diese Klangquelle nach etwa 80 Metern erreichten, entdeckten sie ein
weiteres Tonbandgerät (4), von dem die Aufzeichnung der Musik am Rande"
erklang, einer 45-minütigen Improvisation für Geige und Klavier, die speziell für diese
Aktion entstand.
Die Aktion dauerte zwei Stunden.
Gebiet Moskau, Savelovsker Bahnlinie, ein Feld
bei dem Dorf Kievy Gorki
18. 9. 1983
A. Monastyrskij, N. Panitkov, I Makarevic, S. Letov, E. Elagina, M. K., N. Alekseev,
I. Javorskij, V. Goncarova, S. Romako, G. Kizevalter
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