Blatt #140 | KW 47/2020

Mythos Puch XIII

Das Arbeitsjahr 2020 wurde durch die Pandemie Stückwerk. So ist mir auch Mythos Puch VII völlig zerfleddert. Von unseren Aktivitäten war mir einiges längst entfallen. Die Dokumentation im Web macht den Rückblick rund. Aber zugegeben: zu viele Details!



Das Styria-Rad mit Hilfsmotor

Egal! Ich konnte mit einigen engagierten Menschen quer durch dieses Jahr im Austausch bleiben. Wir haben an Themen gearbeitet und manches umsetzen können; anderes ging den Bach hinunter, denn zwischen zwei Lockdowns war viel Unberechenbares.

Ich habe nun für Mythos Puch VIII ein Fähnchen in den Boden gerammt. Nach diesem zerhackten Arbeitsjahr 2020 hänge ich immer noch an der Zweiradgeschichte. Die unterschätzte soziale Revolution. Vom Fahrrad zum Moped. (Und ich steh mit einem Bein in der Luftfahrgeschichte.)



Das Auto Wheel kann wahlweise angeschraubt und demontiert werden.

Damit hatte sich unsere Mobilitätsgeschichte radikal verschoben und tut es gerade wieder. Eben noch war ich auf das Jahr 1909 konzentriert, als Automobilismus und Luftfahrt qualitative Sprünge gemacht haben; so massiv, das ist uns heute gar nicht mehr klar. Damals kam gerade die Zweite Industrielle Revolution in Gang.

Ein Beispiel dafür, denn daran erinnere ich mich gerne: Bei der ersten Session im 2014er Jahr (Mythos Puch I) war Sepp Schnalzer mit einem Styria Fahrrad aus dem Jahr 1914 auf dem Set, an das er ein amerikanisches Auto Wheel geflanscht hatte.

Ein Paket, das aus Rad, Motor und Tank besteht. Beide Komponenten exemplarisch für die neuen Produktionsmethoden, die sich gerade etabliert hatten. Plötzlich war die Massenfertigung von Kraftfahrzeugen in hohen Stückzahlen möglich. Und dieser Aspekt der Motorisierung.



Motor der Puch MS 50 V

So konnte man damals ein herkömmliches Fahrrad von hinreichender Qualität motorisieren, um sich den Themen a) Leichtmotorrad und b) Volksmotorrad von dieser komplexeren konstruktiven Seite her anzunähern. Das hatte so freilich mit dem Fahrrad keine Zukunft, mündete nach dem Zweiten Weltkrieg in die Mopedtechnologie.

Verschiedene Produzenten hatten sich schon davor entschieden, eine eigenständige Konstruktion zwischen Fahrrad und Motorrad zu setzen. Das markante Grazer Beispiel ist die Puch Styriette, ihrem Wesen nach schon ganz Moped. Erst nach dem Krieg entschied bei uns der Gesetzgeber, das Thema auch rechtlich auf die Straße zu bringen.



Puch Styriette auf einem alten Katalog-Foto.

Aber kurz zurück zum motorisierten Fahrrad. Ich war vor allem neugierig, was sich über die Fahreigenschaften dieser dreirädrigen Verbindung sagen ließ. Schnüffelnd und spotzend lief das Werkel die Gasse rauf und runter, ließ sich mühelos in Schlangenlinien bewegen und durch Kurven fahren.

Die Gegenwart: Was man heute mit roter Nummerntafel betreiben darf, etwa eine Derbi Senda DRD X-Treme 50, also ein Moped mit 50 ccm, hat im amtlichen Zustand drei PS zur Verfügung. Bei einer Gilera SMT 50 Ltd. Edt Drifting sind es 2,7 PS. Die höchstlässige Geschwindigkeit ohne Führerschein beträgt generell 40 km/h.



Puch 125 aus der gleichen Ära wie die Styriette.

Gilera, 1909 gegründet, ist heute eine Tochtergesellschaft von Piaggio. Der spanische Produzent Derbi, 1922 gegründet, gehört über Nacional Motor S.A.U. ebenfalls zu Piaggio. Das ist der Konzern, von dem Vespa und Ape stammen, an den die Steyr-Daimler-Puch AG 1987 ihren gesamten Zweiradbereich verkauft hat.

Das sind also historisch gewachsene Verwandtschaftsverhältnisse über den Zukauf und Verkauf von Sparten, wie in der Industrie seit jeher üblich. Das heißt auch, eingeschworene Puchianer sollten sich nicht hinreißen lassen, auf andere Marken zu schimpfen. Das ist alles seit rund hundert Jahren verzahnt.

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