Blatt #105 | KW
33/2020
Stangl-Puch
Mit dem
Jahr 1970 war meine Teenagerzeit in die Gänge gekommen. Für uns
schien es selbstverständlich, daß wir uns motorisieren werden.
Es stand eine scheinbar endlose Flotte gebrauchter Mopeds in
allen Preiskategorien herum.
Wo also das Geld nicht für
eine der wunderbaren Neuerscheinung reichte, konnte einer wie
ich auf abgelegte Puch-Mopperln zurückgreifen. Die waren damals
zwar nicht cool, aber sie boten eine sprunghafte Vergrößerung
der individuellen Reichweite.
Die 1954er MS 50
Nein, ich
war weder auf eine Stangl-Puch, noch auf eine blaue Zweisitzer
scharf. Doch so begann es eben. Mit einem Lehrlingsgehalt konnte
damals keiner groß auf den Zeiger hauen. Ich bin Jahrgang 1956,
also in die Mopedgeschichte hineingeboren worden.
Im Jahr
1954, als die Puch MS 50 auf den Markt kam, verdiente ein
Arbeiter im Durchschnitt brutto 1.326,- Schilling pro Monat. Ein
Angestellter kam auf 2.209,- und ein Beamter 1.895,- Schilling.
(Quelle: Löhne, Gehälter und Masseneinkommen in Österreich
1950—1957, WIFO)
Die M 50 V von 1961
Es scheint,
als sei der Weg zur Volksmotorisierung wirtschaftlich geebnet
gewesen: „In der Periode 1960-1980 befand sich die
bereinigte Lohnquote relativ konstant auf sehr hohem Niveau.
Charakteristisch sind für diese Periode der starke Rückgang der
Zahl der Selbstständigen in der Landwirtschaft sowie der damit
einhergehende Anstieg der Zahl der unselbst-ständig
Beschäftigten in der industriellen Produktion.“ (Quelle:
Wirtschaftsuniversität Wien, Forschungsinstitut „Economics of
Inequality“)
Die 1954er Version der Puch MS 50 war zart,
sparsam ausgeführt, ein erster markanter Schritt in Hause Puch,
die Erfahrungen aus dem Fahrradbau und aus dem Motorradbau in
einem neuen Fahrzeugkonzept konsequent zusammenzuführen.
Die 1961er VS 50 D
Das war nicht bloß eine Reaktion auf
technische Entwicklungen, das kam auch einer damals neuen
Gesetzeslage entgegen. Ein motorisiertes Fahrrad, das nicht
schneller als 40 Km/h gefahren wird und dessen Motor nicht mehr
als 50 ccm Hubraum hat, durfte ohne Führerschein genutzt werden.
Dieser Zusammenhang erklärt, warum Mopeds noch recht lange
mit gesetzlich verordneten Pedalen versehen waren. Wer sich aber
je gezwungen fühlte, etwa ein Puch Maxi per Tretkurbel und
Wadenkraft nachhause zu schaffen, kennt die rein akademische
Natur dieses Details. Praktisch schiebt man das Fahrzeug lieber,
außer es geht wo den Hügel runter.
Das Werksfoto (ganz oben) aus einem Ersatzteilkatalog (Sammlung Fredi
Thaler) bietet den Referenzpunkt, um zu verdeutlichen, daß die
Stangl-Puch sehr bald darauf etwas kräftiger ausgeführt wurde.
Erst noch mit Halbnabenbremse, gestanztem Blech-Gepräcksträger
und anderen Sparsamkeits-Details.
Das zweite Werksfoto
(aus einem Faltprospekt von 1961) zeigt eine M 50 V, „Das
preiswerte Modell“. Genauer: „Der Standard-Typ,
Trommelbremsen, 2-Gang-Schaltgetriebe, normaler Rohrlenker“. Was
daran als Standard betrachtet wird, macht der Luxusliner unter
den Stangl-Puchs anschaulich.
Die VS 50 D ist schon auf
ersten Blick deutlich aufwendiger gemacht. Sie kostete damals
4.910,- Schilling gegenüber den 3.980,- Schilling der M 50 V.
Diese späteren Modelle kann man durchaus noch im Alltagsgebrauch
antreffen, während die frühen MS 50 nur noch bei
Klassiker-Treffen auftauchen. [Zur
Stangl-Puch]
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Das Rennen
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Rahmen der frühen MS 50
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