Blatt #100 | KW
32/2020
Muscle Cars
Wenn jemand sagt: „Aha, Auto spielen!“, dann lächle ich
milde. Stimmt schon. Den Küchentisch abgeräumt, die Schachteln
rausgeholt, es geht die Sucherei los. Ich stelle Abschnitte der
Automobilgeschichte nach. Das ist von anderer Art, als in
Wikipedia herumblättern: begreifen. Dinge in die Hand nehmen.
Es wurmt mich, wenn in meiner Sammlung noch Lücken sind.
Kein großer Schmerz, einfach etwas Unmut. Der liefert dem
Sammler natürlich Antrieb zum Suchen. Selber. Suchen. (Bei Ebay
bestellen, das kann jeder.)
Oben der 67er GTO, unter der 52er
Hudson Hornet.
Im
Eintrag #90 habe ich
das Thema Muscle Cars schon angeschnitten und den
Oldsmobile Rocket gezeigt, mit dem dieses Thema 1949
aufgemacht wurde. Ich kann wesentliche Abschnitte dieser
Geschichte mit Hot Wheels aus meiner Sammlung nachstellen. Bloß
nicht diesen Moment:
+) Oxford bietet ein 1950er
Oldsmobile Rocket 88 Coupé in 1:87. +) Bei Johnny Lightning
gibt’s einen 1950er Oldsmobile Super 88 in 1:64. +) NEO
bietet ein Oldsmobile Rocket 88 Club Coupé in 1:43. +) Mattel
bei den Hot Wheels oder per Matchbox: nichts.
Die Hornet.Nase über dem GTO und
einem schwarzen 69er Charger.
Das ist
eine staunenswerte Lücke, zumal Mattel allerhand andere Olds im
Programm hat. Aber immerhin hab ich ein durchaus adäquates
Modell dieser Ära, den seltenen
Hudson Hornet. Der entspricht auch im Design jenem Segment
und dem Anfang der 1950er Jahre.
Spätestens nach dem
Animationsfilm „Cars“
(2006) dürfte breiteren Kreisen der Petrol Heads klar sein, daß
er unter den Production Cars für damals ein scharfes Gerät war.
(Im Film von Paul Newman gesprochen.) Die Hornisse konnte
stechen.
In der Folge ist dann vom Pontiac GTO die Rede.
Dar kam über den Tempest daher. Im Jahr 1964 konnte man einen
aufgebrezelten Pontiac LeMans erstehen und hatte einen GTO. Der
Bürgerkäfig bekam Muskeln. Ich hab live – also 1:1 – leider noch
kein frühes Modell erwischt.
Pontiac Tempest Le Mans (Foto: Norbert Gall).
Aber mein 1967er GTO von Mattel ist ein
akzeptables Abbild dieses eleganten Langheck-Coupés.
Dafür hat der Dottore
einen erwischt. Ich denke, es war in Schweden, wo es eine
überwältigende V8-Szene gibt. Pontiac Tempest Le Mans. Was für
ein Prachtstück! Daraus entwickelte sich also die erste
GTO-Generation, durch dieses Kürzel auch mit dem Spitznamen
„Goat“ bedacht: Ziege.
Die drei Buchstaben bedeuten ja
eigentlich Gran Turismo Omologato, meinen also ursprünglich
einen Rennwagen für Langstrecken, mit erfolgreicher
Homologation. Damit hat dieser Pontiac GTO nun gar nichts zu
tun, was klar macht: da ging es um Image. Das ist ein
PR-Konzept. .
The Goat, die Ziege.
Männer wie
Shane Wiser und Russell Gee hatten sicher einigen Spaß, das
alles auszuhecken und zu bauen, vor allem aber der schillernde
John DeLorean. Das Konzept ging auf. Kurios genug, daß ein
Industrieprodukt den Anstoß für eine Subkultur ergab, denn
gewöhnlich passiert es umgekehrt
Die
zweite GTO-Generation ist mir dann fast ein wenig zu glatt,
auch wenn damit jederzeit ein patziger Auftritt möglich ist und
die im Grill integrierten Klappscheinwerfer eine kühne
Frontpartie unterstreichen. |