Blatt #66 | KW
15/2020
Arbeit im Lockdown
Drei Wochen Lockdown. Die Corona-Pandemie schafft irritierende
Situationen. Ich bin in meinem Lebens- und Berufsverlauf
allerdings in einen Abschnitt gekommen, der es mir
vergleichsweise leicht macht, mich mit den momentanen
Anforderungen an Rückzug und physischer Distanz zu arrangieren.
Truck Trial-Version des Steyr 91 (Foto: Tieber)
Ich muß heute im Alltag nicht mehr für andere sorgen. So lange
die Stromversorgung und der Internetzugang stabil bleiben, ist
ein großer Teil meiner professionellen Arbeit ungetrübt, weil
ich das auch noch mit einer umfangreichen Hausbibliothek und
einem leistungsfähigen Archiv verbinden kann.
Zusätzlich
sind im Web Plattformen verfügbar, die Teleworking und
Telekonferenzen ermöglichen. Das läuft mit unserer Konferenz in
Permanenz quer durchs Land. Selbst ein Vorhaben, wie der
Neustart des puch CLUB magazin, das nun von Manuel
Wutti herausgegeben wird, ist machbar, wenn sich ein Teil der
Geschichten aus einem reichhaltigen Archiv unterlegen läßt und
die Telefone funktionieren.
Umtriebige Leute wie Gerhard
Szamuhely (Garagenliebling) oder Micky Tieber (Alltagsklassiker)
hab ich hier schon vorgestellt. Auch sie können aus einem
reichen Fundus schöpfen, der sich in kontinuierlicher Arbeit an
den Themen ergeben hat.
Und die Fußnote, gut lesbar ;-) (Foto: Tieber)
Damit soll angedeutet sein, daß wir in unseren Projekten
bestmöglich für Kontinuität sorgen. Ich meine, das ist auch ein
bewußter Ausdruck von Professionalität. Daß der Lockdown uns
wirtschaftliche Probleme beschert, hat inzwischen ungefähr den
Informationswert von „Das Wasser ist naß“ oder „Der
Papst ist katholisch“. Wissen wir!
Eingeschränkte
Bewegungsfreiheit? Störungsmuster in den Beziehungen? Wissen
wir! Per Facebook erfahre ich nun viel darüber, wie
Menschen sich Spannungsabfuhr leisten, indem sie andere
beschimpfen. Oder sie benutzen ihr Personen-Netzwerk als
Müllhalde und laden da hemmungslos allen Frust ab.
Ich
schätze dagegen jene, die darum ringen, aktuelle Anforderungen
in Balance zu halten und weiter an den Themen zu arbeiten, die
uns bewegen. Gerade in der sozialen Ausnahmesituation könnte es
sich bewähren, daß wir in verschiedenen Lebensbereichen auch
jenseits der Alltagsbewältigung für Kontinuität sorgen.
Szamuhely fährt
Traction Avant
Ich beziehe das hier auf die Wissens- und Kulturarbeit. Wir
konzentrieren uns hier auf Mobilitäts- und
Technologiegeschichte, befassen uns mit Volkskultur in der
technischen Welt, mit subkulturellen Phänomenen rund um den
Generalfetisch des 20. Jahrhunderts,
Diese Genre steht im
Kontrast zu den erbaulichen und betulichen Surrogaten einer
bürgerlichen Repräsentationskultur, in der gerade Symphonien der
Schmerzgeräusche orchestriert werden. Da tut sich einer der
interessanten Unterschiede zu jener Szene der Schrauber und
Sammler auf. In der Frage nach dem Verhältnis zwischen
Konsumation und Partizipation sind wir schon längere Zeit recht
schweigsam geworden.
Kapitza-Zeichnung aus dem Lanner-Archiv
Ah ja, und
Mythos
Puch VII wird natürlich auch nicht abgesagt. Ich hab
nun mit Josef Laller schon geklärt, wie wir das Konzept ändern
müssen, um in Gang zu bleiben. Und wenn ich Stunden erlebe, wo
mein Kopf Ruhe braucht, mach ich mich weiter an die Leihgaben
aus dem Archiv von Ferdinand Micha Lanner. Ungehobene Schätze… |