Blatt #50 | KW 2/2020

G-nerelles

Es ist ein Stereotyp aus meinen Kindertagen, daß Asiens Industrie eine „dumme Werkbank“ sei, um europäische Kreationen abzukupfern. Ich erinnere mich noch vage an diese Posen, sich über den buckligen Meister der Kopien zu amüsieren. Das gehört freilich etwa bei Japan zu einer versunkenen Ära.

Der Jimny 2020, ein solider Allrader
Es liegt weit weniger tief in der Vergangenheit, daß koreanische Autos einen etwas roh gezimmerten Eindruck machten. Auch das ist längst Geschichte. Mittlerweile fällt mir auf, daß in amerikanischen Kinofilmen und Serien koreanische Wagen markant zugenommen haben.

Achten Sie einmal darauf! Jüngst waren in Amerikas Film-Mittelschicht noch Volvos auffallend bevorzugt. Nun fahren Gangster und Geschäftsläute gerne im Audi und manche auch im BMW. Kriminalbeamte und kleine Angestellte steigen dagegen zunehmend einen Hyundai.

Herkömmlicher G-Wagen, vermutlich das Role Model für den Jimny

Also Asien. (Toyota ist der Welt größter Automobilproduzent.) Da kürzlich der neue Suzuki Jimny auf den Markt kam, war völlig unübersehbar, daß dieses Auto ein asiatischer Gruß an die Macher der G-Klasse ist. Ich hab mich inzwischen nach einigen Testberichten umgesehen. Naheliegend, daß es auch zu direkten Vergleichen zwischen dem G-Wagen und dem Jimny kam.

Ob es einem schmeckt oder nicht, der kompakte Japaner hat dabei offenbar durchaus beeindruckt. Rechnet man die Differenz in Dimension und Preis dazu, kann der Jimny weder belächelt, noch ignoriert werden.

Ich hab inzwischen in Gleisdorf einige fotografieren können, wodurch mir ein direkter Vergleich der optischen Erscheinung möglich ist. Unübersehbar der gleiche Stil, den man hier pflegt; bis hin zum Verlauf der Dachlinie am Heck.

Ist aus der Kaffeekasse nicht zu schaffen: G-Wagen und AMG-Coupé

Außerdem standen dieser Tage zwei üppige Cederer im Zentrum Gleisdorfs, die belegen, daß hier technisch und preislich von ganz anderen Kategorien die Rede ist. Neben dem Mercedes-Coupé S 63 AMG links die neue G-Klasse, die nun zunehmend im Straßenbild auftaucht. (Um deren Kosten kaufen andere Leute sich kuschelige Wohnungen.) Der überarbeitete G-Wagen hat offenkundig mit dem alten kaum noch Gemeinsamkeiten. Der Jimny steht in einer eigenen Liga.

Als Kontrast: Zum Advent bekam ich einen Weihnachts-G in die Hände. Die Attraktivität von Nippes halte ich für ein großes Thema, das sich irgendwo zwischen Volkskultur und Popkultur als ein wunderbares Genre zwischen vielen oder gar allen Stühlen neu herauskristallisiert hat.

Der G-Wagen als Christbaumkugel? Christbaumquader!
Ich bin selbst ein Kind der Popkultur und folge überdies den Überlegungen von Hermann Bausinger bezüglich einer „Volkskultur in der technischen Welt“. Das verweist auf interessante Kräftespiele.

Wie sehr sich eine stellenweise Zusammenschau dieser kulturellen Genres lohnt, hat mir grade ein Bauernsohn illustriert, der zum Tierarzt wurde. Karl Bauer überließ mir ein vorerst internes Papier, eine autobiographische Schilderung. Diese Lektüre hat etwas Atemberaubendes.

Bei meinem Faible für Sozialgeschichte sind mir die letzten 200 Jahre der Steiermark ganz gut vertraut. Das meint auch: 200 Jahre permanente technische Revolution. Diese Ära handelt von einer enormen Beschleunigung in praktisch allen Lebensbereichen, die uns nun in eine Vierte Industrielle Revolution geführt hat.

Veterinär Karl Bauer hat einen Paradigmen- und Strukturwandel
durchlebt, wie ihn viele nicht einmal aus Büchern kennen.

Wie sehr und wie detailreich sich das schon innerhalb einer einzelnen Biographie manifestiert, hat mich überrascht. Raus aus der Keusche, nachdem das neue Haus weitgehend mit bloßen Händen gebaut war. Erst die Mechanisierung der Landwirtschaft, dann die umfassende Volksmotorisierung. Das hat auch Raum für den Besitz einer viel größeren Anzahl an Gütern gemacht, darunter eben reichlich Nippes. Wir sollten uns noch genauer ansehen, auf welche Art all das verzahnt ist.

-- [start] [puch G] --