Blatt #39 | KW 48/2019
glaubensfragen (eine facebook-notiz)
dieselmotoren und
elektro-autos bieten viele anlässe zur geselligkeit. auch zum
gedankenaustausch. es vergeht kaum ein tag, an dem ich nicht
erfahre, was man darüber wissen muß. allerdings hat mich die
themenstellung schon ein, zwei facebook-freunde gekostet. (no
risk, no fun!)
während das greta-hassen derzeit
offenkundig etwas aus der mode kommt, hält die
verbrenner-verliebtheit jeder erosion stand. „erst wenn man mich
tot aus meiner karre schneidet, werde ich mein auto aufgeben!“
vor kurzem waren automobile für leute meiner
herkunft vollkommen unerschwinglich. die volksmotorisierung,
dank derer ein individueller privatbesitz von autos fast in den
rang von bürgerrechten geriet, begann überhaupt erst anfang der
1960er jahre. (ja, so jung ist dieser teil der geschichte!)
es gibt viele gute gründe, warum sich der heutige status quo
nicht bloß ändern muß, sondern ändern wird.
die
simpelsten davon: platzbedarf, energiebedarf und technologische
innovationen. wir stecken schon mitten in diesem umbruch, da
wird das gestrige gefeiert.
laufend bieten mir nun
hobby-experten und nebenerwerbs-wahrsager nächste klarheiten an,
was alles derzeit unfug sei und weshalb es nicht beachtet werden
dürfe. egal, wie komplex ein thema ist, ich erhalte umgehend
auskunft, wie sich das alles „in wahrheit“ verhält. (ich
vermute, das nennt man „volksweisheit“. mir mangelt es leider an
dieser weisheit.)
ich befasse mich
nun seit jahrzehnten mit technologie- und mobilitätsgeschichte.
ich stehe überdies seit jahren im laufenden austausch mit
menschen aus der automotive-branche, fachleute
von der entwicklung bis zum marketing. ich tausche mich
mit wissenschaftlichen kräften aus.
ich
besuche regelmäßig einige alte hackler aus den
puchwerken, die heute noch genau verfolgen, wohin sich die
branche entwickelt. das ergibt in summe zahllose gespräche zu
allen denkbaren aspekten der automobilität. dennoch traue ich
mir nicht zu, derzeit festzustellen, was nun genau sache sei.
klar scheint mir bloß: pure elektro-autos, wie ich sie
derzeit fahren kann, sind mehr eine pr-maßnahme als eine
zukünftige basis massenhaft individueller mobilität. eine art
platzhalter des themas.
genau das ist ja so spannend an
fundamentalen umbrüchen. die enorme komplexität, die anregende
ratlosigkeit an vielen stellen, ein terrain für wißbegier. aber
diese ganzen „auskenner“, die mich jetzt schon belehren, was
sache sei und was faktum sein werde, gehen mir doch, ähem,
räusper, ein wenig auf die nerven.
es ist freilich
privatsache, wenn jemand ein leben mit wissensständen zubringen
mag, das man noch nicht einmal als halbwissen qualifizieren
könnte. doch mit so gefühlten klarheiten zu hausieren und
exklusive alternative facts auszustreuen ist eine ziemlich
lästige marotte. von solcher befindlichkeitdsprosa bliebe ich
lieber verschont.
Ein Ferrari 488 Spider auf dem Supermarkt-Parkplatz in
Gleisdorf ist ausreichend exotisch, daß ich ihn hier freilich
auch von anderen Seiten zeigen mag.
|