Blatt #32 | KW 42/2019

Lancia Stratos HF, 1971 (1:43, Vitesse)

Die Stratosphäre heißt im Italienischen stratosfera. Das ist die mittlere Schicht der Erdatmosphäre, ab zwölf Kilometer Höhe. Ich kenn derzeit keine Quelle, die diesen Zusammenhang herstellt, aber wofür sollte Stratos stehen? Es geht um einen geschichtsnotorischen Überflieger, der Tempo macht, wo die Luft ganz dünn ist.

Die frühen 1970er. Mein Führerschein war in Griffweite. Jochen Rindt lag schon unter der Erde. Ein unglaublich cooler Hund, frei von Glamour und Herumgezicke. Einfach nur fahren, als hätte er einen Pakt mit dem Teufel.

Außerdem zeigte uns der Rallyesport Fahrmanöver, die man sich auch auf normalen Straßen vorstellen konnte. In kühnen Träumen. Allerdings nicht mit dieser Streitaxt aus dem Hause Lancia. Wir wußten als Teenies schon zu erzählen, daß dieser Stratos nur was für Profis ist.

Die Hütte war bald mit dem Namen Sandro Munari assoziiert. Aber ich greife vor. Der Lancia Stratos HF wurde 1971 vorgestellt. HF für High Fidelity? Ja. Gut. Aber wen scherte das? Okay, das war eindeutig die schnellste HiFi-Anlage unserer Jugendtage. Nicht von einem Bürgerkäfig aus der Serienproduktion abgeleitet, sondern extra für den Motorsport entwickelt. Rallye. Gruppe 4.

Cesare Fiorio, bei Lancia für den Sportbereich verantwortlich, ließ das stählerne Monocoque samt Hilfsrahmen mit einer leichten GFK-Hülle bedecken. Design von Marcello Gandini unter der Flagge von Bertone. (Der hatte auch zwei herausragende Lambos entworfen, den Countach und den Miura.)

Darunter, quer liegend, der 2,4 Liter V6 aus dem Dino. Es heißt, Commendatore Ferrari habe diese Triebwerke nur widerwillig herausgerückt, weil ihm die Konkurrenz mißfiel. Das unterschiedliche Kraftangebot ist mit fünf Gängen zu verwalten. Bis zu 240 Km/h Top Speed möchte man sich eigentlich nicht vorstellen.

Die 2.180 mm Radstand und die insgesamt sehr kompakte Bauweise bieten ein Layout, als säße der Fahrer in einer Obstpresse. Das macht des Stratos brutal wendig, beheimatet ihn aber auch gnadenlos am Limit. Das Heck ist der Frontpartie mit größter Eifersucht zugetan und sucht jede Möglichkeit, seitwärts nach vorne zu kommen..

In dieser Charakteristik liegen gute Gründe, daß sich der Stratos im zivilen Straßenverkehr nicht besonders hervortut. Sowas Unbequemes braucht eigentlich niemand. Doch man hat bei einem Aufritt mit diesem Gerät freilich jederzeit einen heftigen Wow-Effekt.

Es heißt, von 1972 bis 1974 seien kaum mehr als 183 Einheiten gebaut worden, aber die FIA hatte genug Chassis und Teile vorgefunden, damit annähernd die 500 geforderten Fahrzeuge für die Homologation machbar wären.

In Österreich machte übrigens Franz Wurz mit einem Stratos von sich reden, wurde 1976 Rallycross-Europameister. Sein lackierter Kampfhund soll es bei der Litern Hubraum auf 320 PS gebracht haben. Sowas ist für Durchschnittspiloten unbewältigbar. Mir scheint übrigens, daß dieses Vitesse-Modell in 1:43 schon einen ganz guten Eindruck bietet, wie böse einen der Stratos anblicken kann.

+) Hot Wheels-Stratos

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