Anläßlich Mythos Puch VI ist ein grundlegenderer
Rückblick fällig.
Wir haben während des 20. Jahrhunderts allerhand Motive aus der
Literatur übernommen, um technische Innovationen zu benennen.
Eines der älteren Beispiel ist der Roboter aus Karel Čapeks
Theaterstück „R.U.R.“ (Rossum’s Universal Robots).
Dieses Plakat aus
den 1930er Jahren stammt vom Federal Theatre Project,
das während der Großen Depression ab 1929
eingerichtet wurde.
Die drei Robotergesetze von
Isaac Asimov schafften es
als Denkanstoß aus der Science
Fiction-Literatur ins reale Leben.
Später konnte man in der Literatur des Cyberpunk
Begriffe finden, die für das Internet und Online-Welten
übernommen wurden.
Ich hab mit eben Grant
Sputores „I
Am Mother“ (2019) angesehen. Paßt sehr gut zu
meinen aktuellen Projekten, in denen immer wieder
festzuhalten ist: Wir müssen die Koexistenz von Menschen
und Maschinen neu klären.
Gabe Ibáñez hat 2014 in „Automata“
die Menschen noch in einer völlig vergifteten Welt
zurückbleiben lassen. |
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Wird das nun eine Rebellion oder
Emanzipation? "I Am Mother" läßt das offen. Derzeit sehen wir: Maschinen
lernen von Maschinen. Es kursieren Angstbilder. Daß sie uns die
Jobs nehmen, als hätte Europa aus den Weberaufständen und
Maschinenstürmereien Mitte des 19. Jahrhunderts nichts gelernt.
Auch wird befürchtet, daß sie schlauer werden könnten als wir; was sie ja in
etlichen Disziplinen schon sind. Und daß sie uns eventuell
beherrschen, als Sklaven behandeln möchten. (Weshalb sollten sie
sich auf solche Art dereinst überhaupt für uns interessieren?)
Ich bin ein Kind jener Ära, als Kohle und Stahl die Hauptthemen der
Industrie waren, bis in den 1970ern die Digitale Revolution
diesen Kosmos vertrauter Bilder zur durchbrechen begann. Die
Wundermaschine jener Ära war das Automobil, wie es zum
Generalfetisch unserer Kultur wurde. So sehr und gründlich ich
mich mit diesem Thema vertraut fühle, so sicher fühlt sich für
mich an: das ist nun gelaufen.
Nun also: 1919 – 2019. Vor
hundert Jahre hatte der Große Krieg einen enormen
Entwicklungsschub in die Kraftfahrzeugwelt gewuchtet. Ende der
1950er Jahre begann in Europa jene Volksmotorisierung, die
speziell meiner Generation in den 1970ern eine Fülle und
Fraglosigkeit beschert hat. Autos für alle! So schien
das Motto zu lauten. (Hat ja auch geklappt.)
Heute arbeiten einzelne Handwerker an klassischen
Fahrzeugen mit Kompetenzen, die sich zum Teil von jenen vor
hundert Jahren nicht unterscheiden. Auch wenn der
Stahl besser geworden ist, Holz, Glas, Leder und Metall zeigen etliche
grundlegende Eigenschaften, die Bestand
haben. Das sind übrigens die Schuppen und Werkstätten von Atlantis,
teilweise versunken, teilweise zugänglich.
Und
Autos für alle? Das ist schon
jetzt Sozial- und Kulturgeschichte. Daran ändert keine Flut von
„Fuck you, Greta“-Aufklebern etwas, weil der Umbruch ganz andere
Quellen hat, anderen Kräftespielen folgt. Ich weiß schon, mit
dieser Ansicht ist man für heftige Widersprüche gut.
Das ist
mir allerdings egal, denn ich bin mit der Geschichte des
Automobilismus befaßt. Und dabei sind für mich die derzeit populären
Ressentiments begeisterter Automobilisten bloß ein Randthema,
das inhaltlich noch recht wenig hergibt.
Das Zeitfenster 1919 – 2019 läßt diese gewaltige Kräftespiel so
transparent erscheinen. Im Zweiten Weltrkrieg hat der
Jahrtausende währende Kentaurische Pakt geendet, dieses
besondere Verhältnis zwischen Menschen und Pferden, von dem die
Wirtschaft und die Politik, die Kultur, geprägt waren.
In der Fangemeinde wird seit jeher afgebauscht, schöngeredet,
verklärt. Das ist Teil dieser Kultur, seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts: der Popkultur. Eine der populärsten Legenden
dieses Genres: Carl Benz hat das "erste Automobil der Welt"
entwickelt und patentiert. So etwa Thomas Lang in "Eine
kurze Geschichte des Automobils" (2013).
Natürlich kann darüber prächtig gestritten werden. Der erste
pferdelose Wagen? Das erste Automobil? Man muß ja weder Cugnots
Fardier kennen, noch je einen Cripper gesehen
haben, um dieses motorisierte Fahrrad von Benz für das erste
Auto unserer Geschichte zu halten. Dazu später im Detail...
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Mythos
Puch VI