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Juni 2021: Ein politisches Sittenbild

Posen. Kraftakte. Gezänk. In der Steiermark wird gerade neu vermessen, was ein Mann sei, speziell ein Staatsmann. Klar, das sind Zuschreibungen von außen. Sie stützen sich auf laufende Debatten, plus Sitten und Gebräuche, also: Ethos. Moral.

Der steirische Landeshauptmann Josef Schützenhöfer tut sich nun wieder mit einem strategischen Geschwurbel hervor, das man vielleicht vorbringen kann, wenn man Direktor eines Asyls für Rauschkinder ist und seine pädagogischen Grundsätze aus dem 19. Jahrhundert bezogen hat. Bin ich hier der Dorfdepp?

Ich lese: „Ihm sei aber auch der Ärger in der Bevölkerung nicht entgangen: darüber, dass die Opposition nun geschlossen gegen Kurz vorgehe.“ Was für eine dreiste Behauptung! Woher hat er das? Gibt es dazu Quellen? Und überhaupt! Was genau soll denn eine Opposition anderes tun, als nach Kräften danach streben, die Regierung abzulösen? Das gehört zum Wesen von Opposition.

Ich lese weiter: „Der Tenor in der Bevölkerung sei aber eindeutig: Man lasse sich den Kanzler ‚nicht herausschießen‘“. Das ist erstens eine lächerliche Behauptung, für die mir zweitens ebenfalls keine Quellenlage bekannt ist. Diese Anmaßung hat drittens einen sehr infamen Aspekt. Schützenhöfer reklamiert „Die Bevölkerung“ in sein Lager. Eine politisch und demokratisch völlig unakzeptable Pose.

Der Mann könnte Autorität zeigen, die Richtung „Elder Statesman“ weist, könnte in dieser Haltung von jenen ÖVP-Granden und -Protegés, die uns nun seit Monaten das Benehmen von verzogenen Rottweilern vorhüpfen, ein angemessenes Verhalten fordern. Tut er aber nicht.

Ich begnüge mich mit einem Beispiel von ÖVP-gefärbten Rottweiler-Manieren. Gibt es auch nur einen Internet-Link zu einer öffentlichen Gesprächsrunde, in der ÖVP-Politiker Andras Hanger das Mindestmaß an Gesprächsdisziplin zeigt und Opponenten nicht schon nach zwei Sätzen ins Wort fällt, falls sie etwas sagen, was ihm mißfällt?

Gibt es auch bloß eine Gesprächsrunde, in der Hanger die Moderation noch nicht umgerannt hat, um seine Redezeit ausweiten zu können? (Ich nehme gerne Hinweise entgegen.) Offenbar hat die ÖVP niemanden mit ausreichender Autorität, um so ein miserables Benehmen in öffentlichen Auftritten abstellen zu können.

Ich vermisse auch, daß Schützenhöfer Malversationen durch ÖVP-Leute einigermaßen deutlich tadelt. Ich lese dagegen: „Auf den Bundeskanzler ist der Landeshauptmann laut eigenen Angaben sogar stolz – ‚über manche in seinem Umfeld nicht wirklich‘“. Was ist denn das für ein Tonfall? So ein „nicht wirklich stolz“ bleibt allein schon vor dem Hintergrund gesammelter Pilnacek-Zitate ein Ausdruck mangelnder Selbstachtung oder ein strategischer Akt.

+) Die Quelle der Zitate

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