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Reinheitsgebote?
Von Oliver Mally

Ich war meinen Job betreffend nie ein „Lupenreiner“! Wüsste auch nicht, wie das - auf mich angewandt - funktionieren sollte. Ein Fan davon bin ich schon. Allerdings nur wenn dieser „Lupenreinheit“ das Bewusstsein für dieselbige fehlte, diese mir also als Nebenprodukt um die Ohren geschmissen wird. So ganz nebenbei und ganz lässig. Mir das als unabänderliches Gesetz und als Hauptattraktion verkaufen zu wollen ist aber keine gute Idee.



Mally anno 2003

Wenn heute einer schreit „Robert Johnson hat das anders gespielt“, sollte er sich schon vor Augen und Ohren führen, dass Johnson damals Revolutionär war. Punkt.

Die detailgetreue Befassung mit Traditionen ist für mich unumgängliche Grundlagenforschung. Ob ich persönlich diese Grundlagen dann auch beschützen will oder nicht, zeigt sich mir erst im Prozess des Erforschens selbst.

Für meinen Output ist dieser Prozess aber allemal enorm wichtig. Sofern der Umgang mit diesen Traditionen ein offener ist. Das bedeutet in meinem Fall, dass dieser sich einer Weiterentwicklung nicht verschliessen darf.

Also ja, ich mag es durchaus, dass man Traditionen im Detail studiert und analysiert, um damit sein Wissensspektrum zu erweitern. Auf respektvolle Art und Weise. Ohne dabei der Plünderei zu verfallen.

Was ja leider immer wieder geschieht. Was ich damit meine? Ganz einfach. Ein Beispiel aus soeben erlebter und gehörter Praxis. Der Musiker klaut sich musikalisch und textlich durch ein Programm, das er als „eigenes Programm“ bezeichnet.

Und ganz ohne Skrupel werden (in viel Wort & Ton) „gestohlene“ Songs als die eigenen Songs angemeldet. Er hat die Chuzpe, das Werk mit dem Sager: „BLACK LIVES MATTERS“ zu verzieren! Kein Scherz - gerade erst gesichtet. Das ist natürlich zutiefst unanständig, doppelbödig und daher widerlich.

Worum geht es?

Das Abschotten dieser Traditionen und diese als „das Ende der Weisheit“ zu betiteln, das finde ich gar nicht gut. Mein Leitsatz war immer schon: „Du kannst nur bewahren, indem du erneuerst und du kannst nur erneuern, indem du bewahrst“.

All das basiert auf einer eingehenden Beschäftigung mit dem jeweiligen Handwerk. Du kannst ein Gesetz eben nur dann krümmen, wenn du es kennst. Und du kannst nur „dreckig“ spielen, wenn du fein ziseliert zu spielen imstande bist. Ansonsten spielst du bestenfalls „rau“. Was eine andere Begrifflichkeit darstellt. Oder eben schlecht.

Und bleibst somit auf der verlängerten Ersatzbank! Also: Respekt vor der Tradition im Sinne einer angemessenen Weiterführung in’s immer wieder neue Jetzt!


+) kelly joe phelps : hellhound on my trail
+) alvin “younblood“ hart: big mama’s door


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