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Der Lack der Langsamkeit
Von Martin Krusche

Keines dieser Fotos ist anläßlich einer Veranstaltung entstanden. Man sieht auf dem ersten einen Moment an einem Sonntag auf dem Hauptplatz von Gleisdorf. Das Fahrzeug im Vordergrund ist rund 40 Jahre alt, das Coupé im Hintergrund bringt es auf mindestens 30 Jahre.

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Was hier formal und technisch völlig aus der Zeit gefallen ist, repräsentiert Leidenschaften, sozialgeschichtliche und kulturelle Kontraste wie Kuriositäten, die das Echo einstiger Accelerationen sind. Man mußte in seinem sozialen Aufstieg schon gute Fahrt machen, um dann auf der Straße so komfortabel beschleunigen zu können.

Was hier an Material und Technik, aber auch an Spritverbrauch stünde, falls es heute noch vor allem darum ginge, mit diesen Fahrzeugen Tempo zu machen, würde von jedem kompakte Japaner der Gegenwart mit einem Bruchteil des Aufwandes und genügend PS verblasen werden.

Um "kinetische Skulpturen" solcher Art fahrbereit zu halten, ist (neben ungewöhnlichen Intentionen) eine Vielfalt an Fertigkeiten nötig. Und sei es bloß, daß man erhebliche logistische Probleme lösen muß, um im Notfall die völlig außerirdische Rückleuchte des 1959er Oldsmobile Ninety-Eight zu ersetzen. Die Oststeiermark hat ein sehr belebtes Feld der Liebhaberei auf solchem Gebiet. Das meint freilich nicht bloß so auffällige "Yank-Tanks".

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Man kann auch plötzlich, wie hier hinter Weiz, einen Opel Rekord aus dem Jahre 1955 im Rückspiegel entdecken. Die schwarze Nummerntafel verrät, daß er kein aufgebrezeltes Sammlerstück ist, sondern schon lange im Alltagseinsatz läuft.

Ich habe auf meinen Fahrten durch die Region auch alte Traktoren oder Puch "Haflinger" in vorzüglichem Zustand entdeckt, Unimogs und manches mehr. Nutzfahrzeuge werden ebenfalls mit den hier angedeuteten Leidenschaften belegt.

+) Was drückt sich also in Besitz und Pflege solcher Stücke aus?
+) Was finden Menschen  am "Lack der Langsamkeit", während die Youngsters, denen vor allem an Drehmoment und Top Speed liegt, sich völlig anderen Automobilen verschrieben haben?
+) Was bewegt jemanden, sich als erwachsener Menschen einen restaurierten C-Kadett oder A-Manta zu leisten, Fahrzeuge, die in seinen Jugendtagen nicht in Betracht gekommen wären?

Das sind nur einige der Fragen, die sich durch die Präsenz solcher Automobile in der Region aufwerfen ...

P.S.:
Wenn man die "Themen Materie, Energie und Information" für einen im Alltag der Menschen gut begreiflichen Zusammenhang stellen möchte, ist das Automobil dafür ein sehr plausibles Objekt. Außerdem ist über eben dieses Objekt das Thema "Populärkultur" sehr gut erschließbar.

Zu: Leben/Kunst/Geschwindigkeit©

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17•07