Eigentlich hat es damit begonnen, daß ich selbst
ein ehrgeizig angelegtes Projekt versenkt hatte, weil ich dafür im kaufmännischen
Bereich zu schwach gewesen war. (Ich gebe zu, es war vermutlich nicht gar so schlau
gewesen, eine Firma, die sich mit Internet-Dingen befaßt, unplugged zu
nennen.) Mit dem Finanzamt hatte ich mich einigen können, aber die Sozialversicherung
schickte mir den Exekutor auf den Hals. Österreich ist ein wohlhabendes Land. Da versteht
man bezüglich Geld keinen Spaß. Es lag also einige Arbeit vor mir, um meine Probleme zu
lösen und meine Schulden abzubezahlen.
Ich hatte via Internet einen kroatischen Künstler kennengelernt, der
zu jener Zeit in Liechtenstein lebte. Er brachte mich mit einem indonesischen Künstler
zusammen und wir wälzten einige Ideen für ein größeres Vorhaben in der Schweiz. Ich
meine: Schweiz und Liechtenstein, klingt das nicht nach guten Geschäften? Meine
Internet-Bekanntschaften brachten Vinzenz ins Spiel. Der schien ehrgeizig zu sein, voller
Zuversicht, er zielte hoch und verwies auf einige Projekte, die ich mir damals besser
genauer angesehen hätte. (Es hatte mit Antiquitäten und Miß-Wahlen zu tun.)
Da mich schon viele Jahre beschäftigte, wie sich das Verhältnis
zwischen Realraum und Virtuellem Raum als kulturelles Praxisfeld
bearbeiten ließe, redlicher und klüger, als es der damalige Internet-Hype uns
vorgaukelte, war ich sehr empfänglich für einen Entrepreneur, der mir
versicherte, er wäre im Bereich konventioneller Unternehmen erfahren und bestens
eingeführt.
Mein Wünschen war in der Sache stärker als mein kritischer Verstand.
Außerdem war ich geneigt, eine populäre Legende zu glauben; daß nämlich Kunst und
betriebswirtschaftliches Sachverständnis kaum zusammenpassen würden. Hatte ich mir das
nicht gerade erst mit einer eleganten Pleite selbst bewiesen? Würde ich nicht dringend
einen sachkundigen Partner auf dem Wirtschaftssektor brauchen?
Damit hab ich eigentlich die Falle selbst aufgestellt, um erhoben
Hauptes hineinzurennen. Ich begann die Teamsituation zu ordnen, eine erste Projektskizze
zu schreiben und einige Optionen zu prüfen. Währenddessen sollte Vinzenz vor Ort, also
in der Schweiz, eine erste Recherche durchführen, welche Kooperationspartner und
Sponsoren, auch: welches Klientel für das Projekt in Frage kämen.
Ich verfaßte ein komplexes Konzept für ein ganzjähriges Ereignis,
das zu seinem Ende alle Beteiligten in einem großen Event zusammenführen sollte: Das
Symposion. Die Geschichte bekam zwei Handlungsebenen: Eine für Angestellte von Firmen und
Kommunen, deren Arbeitsalltag mit Mediennutzung zu tun hat. Eine zweite für
Kunstschaffende und Leute aus der Wissenschaft. Die Inszenierung folgte der Idee, Aktion
und Reflexion beieinander zu halten. Überdies hing ich dem Prinzip an, daß reale soziale
Begegnung das primäre Kulturereignis sei, der Cyberspace dagegen sowas wie
ein kühles Extrazimmer, das man gelegentlich aufsucht.
Mediennutzung als Praxis der gesellschaftlichen
Realitätserzeugung verstand ich als eine Extension dieses primären
Ereignisses, also der leiblichen Anwesenheit. Genau das wollte ich den
Leuten in Betrieben und Kommunen über praktische Arbeitsschritte deutlich machen, wollte
es zugleich mit Formen der künstlerischen Praxis verbinden und all das mit einer
Theorie-Ebene verflechten.
[...]
[Textauszug! Volltext als RTF-Datei HIER downloadbar.]
[former page] [next page]