next code: love / mission stetement (zum thema) #3 Zu next code: love
Von Mirjana Selakov [english]
Das Projekt next code:
love untersucht die Codes, Diskurse und Visualisierungen, die Sicht- und Redeweisen
über bzw. Vorstellungen von Liebe, wie die Hoffnungen derer, die Liebe vermissen,
motivieren und reglementieren, aber auch die Erfahrungen der Liebenden selbst.
Das Projekt untersucht die Bedingungen von Liebe in ihrem
privaten, sozialen, kulturellen, zeitlichen und identitätsstiftendem Kontext. Können wir
mit diesem Begriff, der von unserer kulturell bedingten Wirklichkeit geprägt ist, jene
Aussagen treffen, die über solche Verknüpfungen hinausgehen und damit ein neues
Verständnis von Liebe zeigen?
Wir wollen mit next code: love künstlerische
Überlegungen zum Thema Liebe aufgreifen, die auch geschichtlich bedingt sind. Wir wollen
die mit ihr verbundenen kulturellen Praktiken, bis zu romantisch-utopischen
Liebesvorstellungen, reflektieren. Zugleich aber die diskursiven Räume eröffnen, die an
kulturelle, soziale und sogar politische Formen andocken, aber auch private Erinnerungen,
Träume und reale Alltagspraxis berühren.
Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen
Kulturen, aus dem Lebensraum, den wir mit den Punkten Wien, Beograd und Istanbul markiert
haben, kooperieren in einem längerfristigen Prozeß.
In einer mehrere Monate dauernden Entwicklung
interdisziplinärer Verfahrensweisen widmen wir uns dem Thema Liebe und werden live, vor
Ort, in einer Mischung von Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen und Aktionen unsere
Ergebnisse präsentieren. Als begleitendes Rahmenprogramm ist eine Reihe von Vorführungen
geplant, in der Genre-Filme zum Thema aus den genannten Regionen gezeigt werden.
Zum Konzept
Liebe wird codiert und visualisiert, auch in
den Diskurse gebracht, d. h. Die Liebe wird besprochen, beschrieben, besungen,
dargestellt und bewertet. Liebe ist als ein kulturelles Phänomen, als Code und Diskurs,
auch als prozessuale Praxis und als Erfahrung zu verstehen.
Die in den westlichen Gesellschaften so oft beanspruchte
Freiheit der Liebe, die immer häufiger zu Trennungen von Ehen und zu
Auflösungen von Familienhaushalten (im Namen der Liebe, aus Gründen der Lieblosigkeit)
motiviert, verweist auf den höchsten Grad der Individualisierung im Prozess
der Moderne.
Auf der anderen Seite versuchen die nicht
westlich und nicht christlich geprägten Teile der Welt, die
Kräfte der Liebe durch die rationale, sozial-ökonomische Herrschaft der
Familie, wie etwa durch die arrangierte Heiraten, durch streng überwachte Sexualmoral,
durch die öffentliche, gewaltsame Sanktionierung von Verstößen gegen herrschende Moral
unter Kontrolle zu halten.
Die Liebe unterliegt dennoch immer der Gestaltung in
Ritualen, Kulten, Religionen, Literaturen, Bildern, Skulpturen, Fotos, Filmen, in
verschiedenen Artefakten.
Das Projekt next code: love untersucht die
Codes, Diskurse und Visualisierungen, die Sicht- und Redeweisen über bzw. Vorstellungen
von Liebe, wie die Hoffnungen derer, die Liebe vermissen, motivieren und reglementieren,
aber auch die Erfahrungen der Liebenden selbst.
Bildende Kunst, Film, Literatur, Geschichte,
Kunstgeschichte und bildwissenschaftliche Disziplinen kommen hier miteinander in
Diskussion.
Mögliche Fragestellungen:
-- Ist die
Codierung der Liebe gender-spezifisch?
Wie verbinden sich Gender und Liebe und diese mit patriarchalen
und männerzentrierten Gesellschafts- und Herrschaftsmodellen? Wie erklärt sich dies aus
ökonomischen, religiösen oder philosophischen Traditionen?
-- Wie wird
Liebe in westlichen und orientalischen Kulturen ...
... über die Jahrhunderte textlich codiert und in Diskurse gebracht? Welche
religionsgeschichtlichen Bedingungen der Codierungen und Diskurse sind uns bekannt?
(In Europa: Von antiken Liebesgedichten und mittelalterlichem Minnegesang, vom
Liebessonett der Renaissance zum Liebesbrief der Romantik und zu den hochkulturellen wie
den popularkulturellen Liebesromanen ... weiter, bis zu den postmodernen Dekonstruktionen
von Liebe und Sexualität.)
-- In der
bildenden Kunst und den visuellen Medien ...
... gehört Liebe zu den zentralen Themen. Bilder aus der Kunst, der
Populärkultur, aus Filmen und Fernsehen prägten und prägen wesentlich unsere
Vorstellungen von Liebe.
Was kennzeichnet die Beziehung zwischen diesen Visualisierungen von Liebe, Diskursen und
sozialen Praxen? Anders gesagt: Inwieweit werden in der Kunst bzw. in den visuellen Medien
Utopien, Idealvorstellungen von Liebe entworfen?
Und wie wirken sich solche Vorstellungen auf die Diskurse und auf die Identitäten von
Männern und Frauen aus?
Welche geschlechterbedingten Positionen im Feld der Liebe und des Begehrens (durch
Repräsentationen in der Kunst und visuelle Medien) werden konstruiert bzw. dekonstruiert?
-- Orale
Codierungen von Liebe:
Wie ist Liebe in Redewendungen, Sprichworten, populären Liedern, Reimen, aber
auch in den aktuellen TV-Talk-Shows (die sich auffällig häufig Themen und Problemen der
Gestaltung von Liebesbeziehungen beschäftigen) thematisiert.
--
Fremde und exotische Liebesmodelle:
Kulturen, in denen das sexuelle Begehren kaum Einschränkungen kennt Kulturen mit
höherwertig geschätzten Formen der Liebe, wie z.B. romantische Liebe des christlichen
Westens
-- Wie wird
Liebe in nicht-westlichen und nicht-christlichen, ...
... aber sukzessive kapitalistisch globalisierten Gesellschaften codiert, praktiziert und
erfahren?
Insbesondere in großen Städten, den Zentren der kapitalistischen Globalisierung?
Wie wird Liebe dort religiösen (beispielsweise islamischen) und
weltlich-politischen Ordnungen, aber auch der erhöhten Konsumorientierung unterworfen?
Können wir von Export und Import des westlicher Liebes-Konzepte als Teil
einer kulturellen Globalisierung reden?
-- Wie lässt
sich das Verhältnis zwischen den Codierungen, ...
... den Visualisierungen und den Diskursen um Liebe zu den Erfahrungen der
Liebenden denken?
Die Differenzen zwischen Code, Bild, Diskurs einerseits und Praxis und Erfahrung
andererseits . Führt die Reduktion auf Text und Bilder zu einer Simplifizierung der
Liebe.
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